Rz. 144

 

Beispielsfall:

In einer durchschnittlichen Verkehrsunfallsache zahlt der Haftpflichtversicherer des Unfallgegners auf den Sachschaden von 10.000 EUR außergerichtlich 4.000 EUR, entsprechend einer Verursachungsquote von 40 %, und erstattet eine 1,3 Geschäftsgebühr hieraus nebst Auslagen und Mehrwertsteuer; die Zahlung des daneben geforderten Schmerzensgelds von 8.000 EUR lehnt er ab. Halter, Fahrer und Haftpflichtversicherer werden aus Kostengründen zunächst nur auf Zahlung des weiteren Sachschadens von 6.000 EUR verklagt. In erster Instanz wird der Klage nach umfangreicher Beweisaufnahme (drei gerichtliche Termine) stattgegeben. Nach Berufungseinlegung und Einreichen der Berufungsbegründung sowie der Berufungsantwort einigen sich die Parteien in einem Telefonat ihrer Anwälte auf Zahlung weiterer 4.000 EUR auf den Sachschaden und von 5.000 EUR auf das Schmerzensgeld; von den Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs sollen der Kläger ⅓ und die Beklagten ⅔ tragen. Alsdann wird Feststellung des Zustandekommens des Vergleichs durch Beschluss beantragt.

a) Gebührenabrechnung gegenüber dem Geschädigten

 

Rz. 145

Außergerichtliche Tätigkeit, Gegenstandswert 18.000 EUR

 
1,3 Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG 1.001,00 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
  1.021,00 EUR
19 % MwSt., Nr. 7008 RVG 193,99 EUR
  1.214,99 EUR
./. Erstattung durch Gegenseite  
(1,3 Geschäftsgebühr aus regulierten 4.000 EUR, Auslagen, MwSt.) – 453,87 EUR
Restanspruch gegenüber dem Geschädigten 761,12 EUR
(2) Gerichtliche Tätigkeit erste Instanz, Gegenstandswert 6.000 EUR  
1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 507,00 EUR
./. 50 % Anrechnung außergerichtl. 1,3-Geschäftsgebühr aus 6.000 EUR – 253,50 EUR
1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG 468,00 EUR
0,3 Zusatzgebühr umfangreiche Beweisaufnahme, Nr. 1010 VV RVG 117,00 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
  858,80 EUR
19 % MwSt., Nr. 7008 RVG 163,12 EUR
  1.021,62 EUR
(3) Gerichtliche Tätigkeit zweite Instanz, Gegenstandswert 6.000 EUR  
(Sachschaden), Mehrwert Einigung 8.000 EUR (Schmerzensgeld)  
1,6 Verfahrensgebühr aus 6.000 EUR, Nr. 3200 VV RVG 624,00 EUR
1,1 Verfahrensgebühr aus 8.000 EUR, Nr. 3202 VV RVG 552,20 EUR
  1.176,20 EUR
Kappung auf 1,6 Verfahrensgebühr aus 14.000 EUR, § 15 Abs. 3 RVG 1.148,80 EUR
1,2 Terminsgebühr für Einigungsverhandlung, Nr. 3204 VV RVG 861,60 EUR
1,3 Einigungsgebühr aus 6.000 EUR, Nr. 1004 VV RVG 507,00 EUR
1,5 Einigungsgebühr aus 8.000 EUR, Nr. 1000 VV RVG 753,00 EUR
  1.260,00 EUR
Kappung auf 1,5 Einigungsgebühr aus 14.000 EUR, § 15 Abs. 3 RVG 1.077,00 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
  3.107,40 EUR
19 % MwSt., Nr. 7008 RVG 590,41 EUR
  3.697,81 EUR

Die zweitinstanzliche Terminsgebühr fällt aus einem Streitwert von 14.000 EUR (restlicher Sachschaden und Schmerzensgeldanspruch) an, weil die ausgehandelte Einigung sich auf den Schmerzensgeldanspruch erstreckte und gerichtlich festgestellt wurde.

b) Kostenfestsetzung

 

Rz. 146

Generell können entstandene Gebühren auch dann im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden, wenn die Einigung nicht protokolliert oder gemäß § 278 Abs. 6 ZPO gerichtlich festgestellt wird;[189] Glaubhaftmachung genügt. Die Protokollierung oder gerichtliche Feststellung erleichtert in der Praxis aber das Kostenfestsetzungsverfahren und empfiehlt sich insbesondere bei Erstreckung der Einigung auf nicht rechtshängige Ansprüche mit unklarem Gegenstandswert.

Im Rahmen der Kostenfestsetzung bleibt die Anrechnung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr außer Betracht (§ 15a Abs. 3 RVG). Andererseits sind auf Beklagtenseite in beiden Instanzen Mehrvertretungsgebühren gemäß Nr. 1008 VV RVG angefallen. Für den Kostenausgleich lautet die Berechnung daher:

(1) Erste Instanz

Kläger:

 
1,3 Verfahrensgebühr aus 6.000 EUR, Nr. 3100 VV RVG 507,00 EUR
1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG 468,00 EUR
0,3 Zusatzgebühr umfangreiche Beweisaufnahme, Nr. 1010 VV RVG 117,00 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
  1.112,00 EUR
19 % MwSt., Nr. 7008 RVG 211,28 EUR
  1.323,28 EUR

Beklagte:

 
1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 507,00 EUR
2 x 0,3 Mehrvertretungsgebühr, Nr. 1008 VV RVG 234,00 EUR
1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG 468,00 EUR
0,3 Zusatzgebühr umfangreiche Beweisaufnahme, Nr. 1010 VV RVG 117,00 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
  1.346,00 EUR
19 % MwSt., Nr. 7008 RVG 255,74 EUR
  1.601,74 EUR
Anwaltskosten beide Parteien: 2.925,55 EUR

Erstattungsanspruch Kläger:

 
2/3 von 2.925,55 EUR 1.950,37 EUR  
./. eigene Kosten Kläger – 1.323,28 EUR 627,09 EUR

(2) Zweite Instanz

 
Kläger   3.697,81 EUR
Beklagte (wie Kläger) 3.697,81 EUR  
+ 2 x 0,3 Mehrvertretungsgebühr aus 14.000 EUR    
(390,00 EUR) nebst Umsatzsteuer (74,10 EUR) 512,65 EUR  
Anwaltskosten beide Parteien:   7.908,27 EUR

Erstattungsanspruch Kläger:

 
2/3 von 7.908,27 EUR 5.272,18 EUR  
./. eigene Kosten Kläger – 3.697,81 EUR 1.574,37 EUR

Für beide Instanzen ergibt das einen Erstattungsanspruch von (627,09 EUR + 1.574,37 EUR =) 2.201,46 EUR.

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