Rz. 124

Bei einem Erbrechtsfall, welcher einen klaren Auslandsbezug aufweist, müssen im Vorfeld eine Vielzahl von Punkten abgeklopft werden. Zunächst einmal sollte das Erbstatut aus deutscher Sicht, sodann jedoch bei Drittstaaten i.S.d. Europäischen Erbrechtsverordnung auch stets aus der Sicht des Landes bestimmt werden, zu welchem sich der Auslandsbezug ergibt. Dabei kann es durchaus sein, dass der Berater bei Drittstaaten i.S.d. EuErbVO zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt. Ein solches Ergebnis dürfte insbesondere in Staaten, welche nicht dem Grundsatz der Nachlasseinheit folgen, der Fall sein. Ist diese Prüfung sorgfältig vorgenommen worden, so muss abgeklärt werden, wo sich die einzelnen Teile des Nachlasses befinden. Ist der einzige inländische Anknüpfungspunkt nämlich nur die deutsche Staatsbürgerschaft des Erblassers oder der im Inland wohnenden Erben und befindet sich die Nachlassmasse ansonsten insgesamt im Ausland, so ist es fraglich, welche Rolle der inländische Berater überhaupt noch einnehmen kann. Mit der Einführung der EuErbVO dürfte inzwischen sogar die Zuständigkeit eines deutschen Nachlassgerichtes prima vista fehlen, wenn sich sowohl der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers als auch die Vermögensgegenstände des Nachlasses nicht im Inland befinden.

 

Rz. 125

Und dennoch kommt dem inländischen Berater für diesen Fall eine wichtige Rolle zu. Es liegt nun an ihm, die Nachlassabwicklung zu koordinieren, sich mit geeigneten Kanzleien im Ausland in Verbindung zu setzen, die Abwicklung zu überwachen und den Mandanten in jeder Phase der Nachlassabwicklung zu beraten und die einzelnen Schritte inhaltlich zu vermitteln. Darüber hinaus kann er ausländischen Notaren und Anwälten wichtige Hinweise bei der Auslegung deutschen Rechts geben, so denn der Erbe eine Rechtswahl nach Art. 22 EuErbVO zugunsten deutschen Rechts in seinem Testament angeordnet hat. Tritt der Berater mit einem ausländischen Kollegen in Kontakt, so ist es angebracht, sich sorgfältig über die Vergütungsstruktur des ausländischen Kollegen zu informieren. Nicht selten liegen im Ausland die Gebührensätze deutlich über denen deutscher Rechtsanwälte oder Notare.

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