Rz. 96

Vermögensverschiebungen zwischen Ehegatten, die vom Fortbestand der Ehe (als Geschäftsgrundlage) ausgehen, werden als unbenannte oder ehebezogene Zuwendungen bezeichnet und werden zivilrechtlich grundsätzlich nicht als Schenkungen i.S.v. §§ 516 ff. BGB angesehen.[122] Nichtsdestotrotz sind solche Zuwendungen objektiv unentgeltlich. Vor diesem Hintergrund geht auch der BFH davon aus, dass auch unbenannte Zuwendungen freigebig i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sind.[123] Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Zuwendungen im Bewusstsein der Unentgeltlichkeit erfolgen.[124]

 

Rz. 97

Allerdings muss bei Vermögensverschiebungen unter Eheleuten stets geprüft werden, ob der Empfänger über einen ihm überlassenen Vermögensgegenstand tatsächlich frei und endgültig verfügen kann. Ist dies nicht der Fall, z.B. bei (konkludenter) Vereinbarung von Treuhandverhältnissen, liegt eine freigebige Zuwendung von vornherein nicht vor.[125]

 

Rz. 98

Darüber hinaus führt beispielsweise auch die Bildung gemeinsamer Ersparnisse nicht automatisch zur Annahme steuerpflichtiger freigebiger Zuwendungen. Werden beispielsweise in einer Alleinverdiener-Ehe regelmäßig kleinere Beträge auf ein Gemeinschaftskonto eingezahlt, über das beide Ehegatten verfügen können und an dem sie – im Zweifel – jeweils hälftig beteiligt sind,[126] kann der im Innenverhältnis auf den nicht verdienenden Ehegatten entfallende Guthabensanteil im Regelfall nicht als Summe immer wieder erneut erfolgter freigebiger Zuwendungen angesehen werden.[127]

 

Rz. 99

Da zur gemeinsamen Lebensführung auch die Schaffung einer angemessenen Wohnung gehört, ist auch die Entschuldung des gemeinsamen Eigenheimes durch den alleinverdienenden Ehegatten nicht automatisch als freigebige Zuwendung zu werten, wobei hierauf im Übrigen auch die sachliche Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG (Familienheim) anwendbar wäre.[128]

 

Rz. 100

Weder als Schenkung noch als freigebige Zuwendung i.S.d. Erbschaftsteuerrechts sind sämtliche Vorgänge anzusehen, in denen sich zwischen den Ehegatten ein echter – nach kaufmännischen Grundsätzen abgewogener – Leistungsaustausch vollzieht Dies gilt z.B. bei Arbeitsverhältnissen, wenn diese ernsthaft vereinbart, den getroffenen Vereinbarungen entsprechend tatsächlich durchgeführt werden und einem sog. Fremdvergleich standhalten.[129]

 

Rz. 101

Schließlich können sich Vermögensverschiebungen zwischen Ehegatten auch im Rahmen einer sog. Ehegatteninnengesellschaft ergeben.[130] Diese kann sowohl ausdrücklich als auch stillschweigend begründet werden, sie setzt aber auf jeden Fall einen über die bloßen Ehewirkungen hinausgehenden Zweck voraus. Dieser kann beispielsweise in der Ausübung gemeinsamer beruflicher oder gewerblicher Tätigkeiten oder im gemeinsamen Aufbau eines Unternehmens bestehen. Ebenso kommt als Gesellschaftszweck der gemeinsame Vermögensaufbau in Betracht, sofern es dabei nicht lediglich um eine gemeinsame Wohngrundlage oder andere, lediglich auf die Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft abzielende Vermögensdispositionen geht.[131]

 

Rz. 102

Leistungen, die die Ehegatten im Rahmen der Ehegatteninnengesellschaft erbringen, stellen keine freigebigen Zuwendungen dar. Vielmehr handelt es sich hierbei um Gesellschafterbeiträge zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks. Ebenso wenig steuerbar sind Leistungen, die einem oder beiden Ehegatten im Rahmen der Auflösung der Gesellschaft zukommen.[132]

 

Rz. 103

Dass es sich bei der Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten ebenso wenig wie bei einem Ausgleich des Zugewinns um freigebige Zuwendungen handelt, liegt auf der Hand. Insoweit bestehen entsprechende familienrechtliche Ansprüche, die einen Willen zur Freigebigkeit im Ergebnis ausschließen.

 

Rz. 104

Soweit aber tatsächlich im Verhältnis zwischen Ehegatten freigebige Zuwendungen – sei es in Form zivilrechtlicher Schenkungen oder unbenannter Zuwendungen – vorliegen, unterliegen diese gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Schenkungsteuer. Dies gilt auch dann, wenn die Zuwendung mit der Bestimmung verbunden wurde, dass ihr Wert auf einen späteren Zugewinnausgleichsanspruch anzurechnen ist. Die Schenkungsteuer fällt in diesem Fall erst dann weg, wenn es tatsächlich zur Anrechnung auf den Zugewinnausgleich kommt (§ 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). Die zwischenzeitlich gezogenen Nutzungen bleiben auf jeden Fall steuerpflichtig (§ 29 Abs. 2 ErbStG).

[122] Vgl. z.B. BGH v. 7.1.1972 – IV ZR 231/69, NJW 1972, 580; BGH v. 17.1.1990 – XII ZR 1/89, FamRZ 1990, 600.
[123] BFH BStBl II 1994, 366; ebenso die Finanzverwaltung in R E 7.2 S. 1 ErbStR 2019.
[124] Vgl. hierzu auch FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 17.6.1993 – 4 K 2030/92, EFG 1994, 48; Gebel, DStZ 1993, 451.
[126] Vgl. insoweit FG Düsseldorf v. 19.7.1995 – 4 K 7813/91 Erb, EFG 1996, 242.
[127] Vgl. insoweit Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 7 ...

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