Rz. 223

Grundlage der Bewertung ist prinzipiell der zukünftig nachhaltig erzielbare Ertrag, also eine theoretische Größe. Soweit Finanz-Plandaten nicht verfügbar sind, muss für dessen Schätzung auf Durchschnittswerte aus der Vergangenheit zurückgegriffen werden. Im vereinfachten Ertragswertverfahren wird der zukünftige Ertrag daher unter Zugrundelegung der in der Vergangenheit tatsächlich erzielten Erträge geschätzt.

 

Rz. 224

Der maßgebliche Durchschnittsertrag ist nach § 201 Abs. 2 BewG möglichst aus den Betriebsergebnissen der letzten drei vor dem Bewertungsstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahre herzuleiten. Hat das letzte noch nicht abgelaufene Wirtschaftsjahr erkennbare Bedeutung für den zukünftig nachhaltig erzielbaren Ertrag, ist anstelle des drittletzten abgelaufenen Wirtschaftsjahres dieses (noch nicht abgelaufene) Wirtschaftsjahr einzubeziehen. Der Durchschnittsertrag ist das arithmetische Mittel der drei einbezogenen Jahreserträge (Divisor = 3).[315]

 

Rz. 225

In einem sich dynamisch entwickelnden wirtschaftlichen Umfeld führt die bloße Fortschreibung der Ergebnisse der Vergangenheit oftmals zu unzutreffenden Ergebnissen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich der Charakter eines Unternehmens und damit auch seine Ertragsaussichten in der jüngeren Vergangenheit nachhaltig verändert haben.[316] In solchen Fällen ist – soweit nicht nach R B 199.1 Abs. 6 ErbStR 2019 von einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis auszugehen ist – für die Ableitung des Durchschnittsertrages von einem verkürzten Analysezeitraum auszugehen, dessen Anfangspunkt dem Beginn der nachhaltigen Veränderungen entsprechen sollte.[317] Dasselbe gilt auch für neu gegründete Unternehmen, die am Bewertungsstichtag seit weniger als drei Jahren bestehen.

 

Rz. 226

Ist die zu bewertende Gesellschaft aus einer Umstrukturierungsmaßnahme, zum Beispiel der Umwandlung einer Personengesellschaft oder einer Einzelfirma hervorgegangen, müssen bei der Ermittlung des Durchschnittsertrages die Betriebsergebnisse des bzw. der Vorgängerunternehmen zugrunde gelegt werden. Haben sich die Umstrukturierungen oder Rechtsformänderungen auf die zukünftigen Ertragsaussichten ausgewirkt, ist dies durch entsprechende Korrekturen der früheren Betriebsergebnisse (nach den Grundsätzen von § 202 BewG) zu berücksichtigen.[318]

 

Rz. 227

Ausgangspunkt für die Bestimmung des zur Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens maßgeblichen Jahresertrages ist der Gewinn i.S.v. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG.[319] Dieser ist aber nach § 202 Abs. 1 BewG um verschiedene, das nachhaltig erzielbare Ergebnis verfälschende Effekte zu korrigieren.

[315] Vgl. auch R B 201 Abs. 3 S. 2 ErbStR 2019.
[316] Vgl. Änderungsantrag der Fraktion CDU/CSU und SPD, Umdruck Nr. 02 zu Art. 2 (Bewertungsgesetz) S. 38, zu Abs. 3.
[317] Vgl. Änderungsantrag der Fraktion CDU/CSU und SPD, um Druck Nr. 02 zu Art. 2 (Bewertungsgesetz) S. 39, zu Abs. 3; vgl. auch R B 201 Abs. 2 S. 2 ErbStR 2019.
[318] Vgl. Änderungsantrag der Fraktion CDU/CSU und SPD, um Druck Nr. 02 zu Art. 2 (Bewertungsgesetz) S. 39, zu Abs. 3.
[319] Nicht das zu versteuernde Einkommen, vgl. Eisele, in: Rössler/Troll, BewG § 202 Rn 2.

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