Rz. 77

In einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor dem FG erhält der Anwalt ebenfalls die erhöhten Gebühren eines Berufungsverfahrens nach den Nrn. 3200 ff. VV (Vorbem. 3.2.1 Nr. 1 VV).[24]

 

Rz. 78

Der Gegenstandswert richtet sich nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 53 Abs. 1 i.V.m. § 51 Abs. 1 und 2 GKG. Hier ist der Mindestwert des § 52 Abs. 4 GKG nicht anzuwenden.[25]

 

Beispiel 37: Anfechtungsklage und Antrag auf Aussetzung der Vollziehung

Der Anwalt erhebt auftragsgemäß Anfechtungsklage gegen einen Bescheid in Höhe von 8.000,00 EUR und beantragt beim FG nach § 69 Abs. 3 FGO zugleich die Aussetzung der Vollziehung. Außergerichtlich war der Anwalt noch nicht tätig.

Es liegen nach § 17 Nr. 4 Buchst. c) RVG zwei Angelegenheiten vor. Die Gebühren nach Nrn. 3200 ff. VV entstehen zwei Mal.

Der Streitwert im Verfahren auf Aussetzung bemisst sich i.d.R. mit 10 % der Steuerforderung.[26] Der Mindeststreitwert des § 52 Abs. 4 GKG greift hier nicht.[27]

 
I. Anfechtungsklage
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   803,20 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   602,40 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.425,60 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   270,86 EUR
Gesamt   1.696,46 EUR
II. Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   140,80 EUR
  (Wert: 800,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 160,80 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   30,55 EUR
Gesamt   191,35 EUR
 

Rz. 79

Einstweilige Rechtsschutzverfahren kommen auch ohne Hauptsacheklage in Betracht (§ 69 Abs. 3 S. 2 FGO). Dann entsteht die Geschäftsgebühr für das Einspruchsverfahren und eine Verfahrensgebühr für das Aussetzungsverfahren vor dem FG. Eine Anrechnung der im Einspruchsverfahren entstandenen Geschäftsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV ist nicht vorzunehmen, da das Einspruchsverfahren kein dem Aussetzungsverfahren vorangehendes Verwaltungs- oder Nachprüfungsverfahren ist.

 

Beispiel 38: Einspruchsverfahren und gerichtliches Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung

Der Anwalt erhebt auftragsgemäß Einspruch gegen einen Bescheid in Höhe von 8.000,00 EUR und beantragt nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 S. 2 Nr. 2 FGO beim FG zugleich die Aussetzung der Vollziehung, ohne zuvor den Antrag nach § 69 Abs. 2 FGO bei der Finanzbehörde gestellt zu haben.

Es liegen nach § 17 Nr. 4 Buchst. c) RVG zwei Angelegenheiten vor. Im Einspruchsverfahren entsteht die Gebühr nach Nr. 2300 VV.

Im gerichtlichen Verfahren auf Aussetzung entsteht die Gebühr nach Nr. 3200 VV. Eine Anrechnung der im Einspruchsverfahren angefallenen Geschäftsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV kommt nicht in Betracht.

 
I. Einspruchsverfahren
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   753,00 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 773,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   146,87 EUR
Gesamt   919,87 EUR
II. Gerichtliches Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   140,80 EUR
  (Wert: 800,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 160,80 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   30,55 EUR
Gesamt   191,35 EUR
 

Rz. 80

Ist dem Verfahren auf Aussetzung nach § 69 Abs. 3 S. 2 FGO dagegen ein Verfahren vor der Finanzbehörde nach § 69 Abs. 2 FGO vorangegangen, dann ist nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen (siehe § 29 Rdn 191 f.), und zwar wird die Geschäftsgebühr des finanzbehördlichen Aussetzungsverfahrens auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens angerechnet.

 

Beispiel 39: Einspruchsverfahren mit nachfolgender Anfechtungsklage und gerichtlichem Verfahren auf Aussetzung mit vorangegangenem Aussetzungsverfahren vor der Behörde

Der Anwalt erhebt auftragsgemäß Einspruch gegen einen Bescheid in Höhe von 8.000,00 EUR und beantragt nach § 69 Abs. 2 FGO beim Finanzamt die Aussetzung der Vollziehung. Der Antrag wird abgelehnt. Daraufhin wird nach § 69 Abs. 3 FGO beim FG die Aussetzung der Vollziehung beantragt. Da zwischenzeitlich der Einspruch abschlägig beschieden worden ist, wird auch Anfechtungsklage gegen den Steuerbescheid erhoben.

Im Einspruchsverfahren entsteht die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV und im Verfahren auf Aussetzung vor dem Finanzamt ebenfalls die Geschäftsgebühr der Nr. 2300 VV. Es liegen nach § 17 Nr. 1a RVG zwei Angelegenheiten vor.

Im gerichtlichen Hauptsacheverfahren entstehen die Gebühren der Nrn. 3200 ff. VV. Auf die Verfahrensgebühr ist nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV die Geschäftsgebühr des Einspruchsverfahrens anzurechnen.

Im gerichtlichen Verfahren auf Aussetzung entsteht die Gebühr nach Nr. 3200 VV gesondert (§ 17 Nr. 4 Buchst. c) RVG). Hier ist die Geschäftsgebühr des verwaltungsbehördlichen Aussetzungsverfahrens nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV hälftig anzurechnen.

 
I. Einspruchsverfahren
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   753,00 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischen...

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