Rz. 618

Gem. § 1 Abs. 2 S. 3 KSchG ist eine Kündigung auch sozial ungerechtfertigt, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Ein Widerspruch des Betriebs- bzw. Personalrates ist hierfür nicht erforderlich. Durch die Bezugnahme des § 1 Abs. 2 S. 3 KSchG auf § 1 Abs. 2 S. 2 KSchG hat der Gesetzgeber klargestellt, dass der Arbeitgeber auch Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nach zumutbaren Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen bei anderen Betrieben seines Unternehmens berücksichtigen muss (BAG v. 29.3.1990, AP Nr. 50 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung).

 

Rz. 619

Die Auslegung der Begriffe Umschulung und Fortbildung i.S.v. § 1 Abs. 2 S. 3 KSchG sowie die Frage, welche Maßnahmen dem Arbeitgeber jeweils noch zumutbar sind, sind bislang höchstrichterlich nicht geklärt (im Einzelnen vgl. APS/Kiel, § 1 KSchG Rn 616). Man wird jedoch davon ausgehen können, dass die Begriffe Umschulung und Fortbildung in einem weiten Sinne zu verstehen sind und damit jede Maßnahme umfassen, die geeignet ist, dem Arbeitnehmer zu einer bestimmten Qualifikation für eine im Unternehmen vorhandene Beschäftigungsmöglichkeit zu verhelfen (APS/Kiel, § 1 KSchG Rn 617).

 

Rz. 620

Der Umfang der betrieblichen und wirtschaftlichen Belastungen, die dem Arbeitgeber zumutbar sind, ist abhängig von einer Interessenabwägung unter Einbeziehung der gesamten Vertragsbeziehung (APS/Kiel, § 1 KSchG Rn 620) sowie betriebs- und unternehmensbezogener Umstände (Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn 1018; APS/Kiel, § 1 KSchG Rn 621). Dabei ist namentlich zu berücksichtigen, ob der Aufwand der Umschulung unverhältnismäßig ist und ob sie Erfolgaussichten hat (BAG v. 29.7.1976, AP Nr. 1 zu § 373 ZPO; LAG Frankfurt am Main v. 19.7.1999, LAGE § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 55; APS/Kiel, § 1 KSchG Rn 620), insb., ob der Arbeitnehmer persönlich und fachlich geeignet ist (Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn 1018; Gaul, BB 1995, 2422). Auch die bisherige und die restliche Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers kann zu berücksichtigen sein (Stahlhacke/Preis/Vossen, Rn 1018; Gaul, BB 1995, 2422).

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