Rz. 180

Eine lang andauernde Krankheit eines Arbeitnehmers führt i.d.R. beim Arbeitgeber nicht zu einer übermäßig starken Belastung im wirtschaftlichen Bereich, da die Entgeltfortzahlungspflicht gem. § 3 EFZG nach sechs Wochen endet. Im Unterschied zu häufigen Kurzerkrankungen unterschiedlicher Art ist das Lohnfortzahlungsrisiko wegen des auf sechs Wochen begrenzten Anspruchszeitraums i.d.R. deshalb auf ein zumutbares Maß beschränkt (BAG v. 25.11.1982 – 2 AZR 140/81, DB 1983, 1047).

 

Rz. 181

Es gibt aber Fälle, in denen eine erhebliche Betriebsstörung auch bei lang andauernden Krankheiten denkbar ist, etwa wenn der einzige Spezialist für eine bestimmte Tätigkeit oder der Inhaber einer Schlüsselposition ausfällt.

 

Rz. 182

Ist im Zeitpunkt der Kündigung nicht damit zu rechnen, dass die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers innerhalb der nächsten 24 Monate nach Kündigungsausspruch wiederhergestellt werden kann, steht dies einer dauernden Leistungsunfähigkeit gleich (vgl. hierzu Rdn 188), sodass die Grundsätze zur Kündigung aufgrund krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit entsprechend anwendbar sind. Somit muss auch in einem solchen Fall nicht zusätzlich dargelegt werden, dass betriebliche Interessen beeinträchtigt sind (BAG v. 18.1.2007 – 2 AZR 759/05, AP Nr. 44, § 1 KSchG 1969 Krankheit; krit. auch Küttner/Eisemann, Kündigung, personenbedingte Rn 17). Nach dieser Rspr. führt allein die Ungewissheit über die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Belange, weil der Arbeitgeber auf unabsehbare Zeit gehindert ist, sein Direktionsrecht auszuüben (BAG v. 18.1.2007 – 2 AZR 759/05, AP Nr. 44 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit).

 

Rz. 183

In anderen Fällen muss der Arbeitgeber insb. prüfen, ob er den Arbeitnehmer im Wege des Arbeitgeberdirektionsrechtes auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz versetzen kann. Der Arbeitnehmer kann hingegen nicht verlangen, dass einem anderen Arbeitnehmer gekündigt wird, der auf einem Arbeitsplatz beschäftigt ist, auf dem der langzeiterkrankte Arbeitnehmer leidensgerecht beschäftigt werden könnte (sog. Freikündigung, BAG v. 29.1.1997– 2 AZR 9/96, EzA § 1 KSchG Krankheit Rn 42 m. krit. Anm. Streckel). Ferner muss der Arbeitgeber prüfen, ob er den Arbeitnehmer während dessen krankheitsbedingter Abwesenheitszeit durch eine Aushilfskraft ersetzen kann. Dies ist dem Arbeitgeber nach der Rspr. des BAG für die Dauer von 24 Monaten i.d.R. zumutbar (BAG v. 29.4.1999 – 2 AZR 431/98, EzA § 1 KSchG Krankheit Rn 46; BAG v. 12.4.2002 – 2 AZR 148/01, EzA § 1 KSchG Krankheit Rn 49). Selbst die unbefristete Einstellung von Ersatzkräften kann zumutbar sein (BAG v. 29.4.1999 – 2 AZR 431/98, EzA § 1 KSchG Krankheit Rn 46).

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