Rz. 2

Sowohl das StVG (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 StVG) als auch die §§ 28 ff. FeV knüpfen an den Begriff des "ordentlichen Wohnsitzes" an.

 

Rz. 3

Der "ordentliche Wohnsitz" ist nach § 7 Abs. 1 S. 2 FeV der Ort,

an dem der FE-Inhaber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder
im Falle des FE-Inhabers ohne berufliche Bindung – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen dem Führerscheininhaber und dem Wohnort erkennen lassen,
gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr,

wohnt (vgl. dazu § 32 Rdn 10 ff.).[3]

 

Rz. 4

Die Begriffsbestimmung dient nur der Abgrenzung von Inlands- und Auslandswohnsitz. Welche Behörde innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zuständig ist, richtet sich nach § 73 Abs. 2 FeV i.V.m. § 12 MRRG nach dem Ort der Hauptwohnung.[4]

 

Rz. 5

Grundsätzlich wird der ordentliche Wohnsitz in diesem Sinne erst begründet, wenn der Betreffende 185 Tage im Inland gelebt hat. Im Wege der Ausnahme nach § 74 Abs. 1 Nr. 1 FeV kann die FE jedoch schon vorher erteilt werden, wenn der Antragsteller die ernsthafte Absicht glaubhaft macht, dass er sich einen entsprechenden zusammenhängenden Zeitraum im Inland aufhalten wird. Geht der Betreffende dann doch vor Ablauf von 185 Tagen ins Ausland zurück, kann dies ein Grund für die Rücknahme der FE sein, die zuvor aufgrund des Wohnsitzes im Inland erteilt worden war.[5]

 

Rz. 6

Die 185-Tage-Klausel setzt grundsätzlich einen zusammenhängenden Aufenthalt voraus. Eine kurzfristige Unterbrechung schadet allerdings nicht. Ein vorübergehendes Verlassen des Ortes – gleich aus welchem Grund – (z.B. Heimaturlaub) führt nicht zur Unterbrechung oder gar zum Neubeginn der Frist.

 

Rz. 7

Nach § 7 Abs. 1 S. 3 FeV kommt es für jemanden, dessen persönliche Bindungen im Inland liegen, die beruflichen aber in einem anderen (oder mehreren) Mitgliedstaat(en), für den Wohnsitz darauf an, dass er regelmäßig zu dem Ort der persönlichen Bindungen zurückkehrt. In diesem Fall ist ein Aufenthalt von weniger als 185 Tagen für die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes aufgrund der persönlichen Bindungen ausreichend.[6] Generell ist es zu eng und liefe dem Sinn und Zweck des Wohnsitzerfordernisses zuwider, wenn erst ab der Erfüllung von 185 Tagen Aufenthalt das Wohnsitzerfordernis erfüllt ist. Lässt sich eine Person in einem Mitgliedstaat der EU nieder und unterhält dort solche persönlichen und/oder beruflichen Bindungen, dass es als gesichert anzunehmen ist, dass dort ein entsprechender Aufenthalt über mindestens 185 Tage genommen wird, so ist mit Beginn einer solchen Wohnsitznahme die Voraussetzung für die Erteilung einer FE erfüllt.[7]

Führerscheinbewerber, die sich nur zum Zweck des Besuchs einer Hochschule oder Schule in einem Mitgliedstaat der EU aufhalten, begründen in diesem Staat keinen ordentlichen Wohnsitz (Art. 12 S. 4 der Dritten Führerschein-Richtlinie, § 7 Abs. 3 S. 1 FeV). Zum Begriff des Studenten vgl. Art. 1 Hs. 2 der Richtlinie 93/96/EWG des Rates v. 29.10.1993 über das Aufenthaltsrecht der Studenten:[8] "Student" sein hängt davon ab, "dass er bei einer anerkannten Lehranstalt zum Erwerb einer beruflichen Bildung als Hauptzweck eingeschrieben ist".[9]

 

Rz. 8

Das Gesetz knüpft an den ordentlichen Wohnsitz Konsequenzen:

Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 StVG, 7 Abs. 1 S. 1 FeV darf eine FE nur erteilt werden, wenn der Bewerber seinen ordentlichen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat.
Beginn der Sechs-Monate-Frist des § 29 Abs. 1 S. 3 FeV.
[3] Zur Prüfung des "ordentlichen Wohnsitzes" durch einen Mitgliedstaat siehe EuGH zfs 2004, 287 = NJW 2004, 1725.
[4] Amtliche Begründung zu § 7, VkBl. 1998, 983, 1066.
[5] Amtliche Begründung zu § 7, VkBl. 1998, 983, 1066; BayObLG, NZV 2000, 261
[6] BayVGH v. 22.2.2010 – 11 CS 09.1934.
[7] BayVGH, Beschl. v. 19.3.2013 – 11 CS 13.407; ausführlich: BayVGH, Beschl. v. 22.2.2010 – 11 CS 09.1934; a.A. NdsOVG, Beschl. v. 12.11.2013 – 12 ME 188/13, DAR 2014, 44; VGH BW, Beschl. v. 7.7.2014 – 10 S 242/14, BA 51 (2014), 287: 185 Tage Aufenthalt müssen im Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis erfüllt sein.
[8] ABl L 317 v. 18.12.1993, S. 59.
[9] BayVGH v. 21.10.2010 – 11 CE 10.1480; jedoch kann auch ein Student seinen gewöhnlichen Wohnsitz in den Mitgliedstaat verlegen vgl. BayVGH, Urt. v. 22.12.2015 – 11 B 15.1350, DAR 2016, 156, juris.

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