Rz. 80

Als Voraussetzung für den Anspruch muss Grund zu der Annahme bestehen, dass der Vorerbe durch seine Verwaltung Rechte des Nacherben erheblich verletzt. Besteht lediglich der nicht belegbare Verdacht einer Rechtsverletzung, so ist der Nacherbe wehrlos.[71] Soweit eine Interessenabwägung dies rechtfertigt, räumt der BGH allerdings dem Nacherben einen Auskunftsanspruch gegen den vom Vorerben Beschenkten ein.[72]

 

Rz. 81

Geschützt wird der künftige Herausgabeanspruch des Nacherben nach § 2130 BGB. Die beanstandete Maßnahme muss objektiv eine Rechtsverletzung darstellen, im Gegensatz zu § 2128 BGB genügt daher eine ungünstige Vermögenslage des Vorerben nicht.[73] Ausreichend ist die Gefahr einer künftigen Verletzung, ein Verschulden des Vorerben ist nicht erforderlich. Erheblich ist eine Verletzung, wenn sie sich auf nicht ganz unwesentliche Teile der Erbschaft bezieht.[74] Soweit eine Maßnahme zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses erforderlich und der Nacherbe nach § 2120 BGB zur Zustimmung verpflichtet ist, können dessen Rechte nicht verletzt werden.[75]

 

Rz. 82

Insbesondere in einer Verletzung der gesetzlichen Beschränkungen der Rechtsstellung des Vorerben wird regelmäßig ein pflichtwidriges Verhalten zu erblicken sein. Dabei ist an folgende Fallkonstellationen zu denken:[76]

Eigenmächtige Vornahme von Verfügungen, die bei Eintritt des Nacherbfalls nach § 2113 Abs. 1 oder 2 BGB unwirksam werden;[77]
Einziehung einer Hypothekenforderung, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld entgegen den Beschränkungen in § 2114 BGB;
Verstoß gegen die Pflichten im Zusammenhang mit der Verwaltung von Wertpapieren und Geld, §§ 21162119 BGB;
Bestreiten der Rechte des Nacherben, insbesondere der Gültigkeit einer letztwilligen Verfügung, wenn dies den Schluss nahe legt, der Vorerbe werde bei der Verwaltung des Nachlasses keine Rücksicht auf die Rechte des Nacherben nehmen;[78]
Bestreiten der Zugehörigkeit von Surrogaten (§ 2111 BGB) zum Nachlass,[79] beispielsweise durch Zurechnung zum Eigenvermögen des Vorerben.
Zwangsverfügungen, die von Eigengläubigern des Vorerben im Wege der Zwangsvollstreckung oder im Rahmen eines Insolvenzverfahrens getroffen werden, beruhen zwar nur mittelbar auf der Verwaltung des Vorerben. Gleichwohl kommt hier ein Auskunftsanspruch analog § 2127 BGB in Betracht, soweit dieser erforderlich ist, um dem Nacherben die Geltendmachung seiner Rechte (§ 2115 BGB) gegen solche Verfügungen zu ermöglichen.[80]
[71] Spanke in Kerscher/Krug/Spanke, § 12 Rn 10; Lange/Kuchinke, § 28 V 6a.
[72] BGH NJW 1972, 907.
[73] MüKo/Grunsky, § 2127 Rn 3; Staudinger/Behrends/Avenarius, § 2127 Rn 6.
[74] Soergel/Harder, § 2127 Rn 2.
[75] RGZ 149, 65, 68.
[76] Staudinger/Behrends/Avenarius, § 2127 Rn 7.
[77] RGZ 149, 65, 68.
[78] Staudinger/Behrends/Avenarius, § 2128 Rn 3.
[79] BGHZ 127, 360, 366 = NJW 1995, 456, 457; vgl. auch BGHZ 44, 336.
[80] Staudinger/Behrends/Avenarius, § 2127 Rn 8.

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