Rz. 118

Die Anzeige ist unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB), abzugeben. Eine nicht unverzüglich erstattete Behinderungsanzeige kann Schadensersatzansprüche wegen Pflichtverletzung gegen den Auftragnehmer aus § 280 BGB nach sich ziehen oder dazu führen, dass der Auftraggeber eine Anspruchskürzung beim Auftragnehmer wegen § 254 BGB (Schadensgeringhaltungspflicht) geltend machen kann.

 

Rz. 119

In der Praxis bedeutet dies, dass der Auftraggeber nachweisen kann, dass er bei rechtzeitiger Behinderungsanzeige dafür gesorgt hätte, dass die Behinderungen nicht die nunmehr eingetretenen Auswirkungen gehabt hätten. Dies betrifft sowohl die zeitlichen wie auch die wirtschaftlichen Folgen der Behinderung. Außerdem können beim Auftraggeber selbst Schäden durch die Behinderung des Auftragnehmers entstehen, die in entsprechender Höhe hätten vermieden werden können, wenn der Auftraggeber rechtzeitig unterrichtet worden wäre.

 

Rz. 120

"Unverzüglich" i.S.v. § 6 Abs. 1 VOB/B und der BGH-Rechtsprechung heißt, dass nach zumutbarer Prognose des Auftragnehmers Behinderungen im Sinne behindernder Wirkungen eintreten können. Die Anzeigepflicht:

besteht daher nicht erst bei sicherer Kenntnis der Behinderung, sondern bereits bei begründeter Annahme, dass eine Behinderung aller Voraussicht nach eintreten wird, und
unabhängig von der Ursache der Behinderung;
setzt die Prüfungspflicht des Auftragnehmers voraus;
führt ggf. zu Schadensersatzansprüchen, wenn sie unterlassen wird (Pflichtverletzung);

entfällt nur bei Offenkundigkeit, d.h. bei

Kenntnis oder einfacher Wahrnehmbarkeit der Tatsachen und
Kenntnis oder für im Bauwesen Tätige Klarheit der Auswirkungen auf Baufortschritt oder
wenn selbst der in Bausachen unerfahrene Laie geradezu darauf gestoßen wird.

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