Rz. 13

Den Versorgungsausgleich gibt es im deutschen Recht seit dem 1.7.1977; er wurde durch das Erste Eherechtsreformgesetz[4] eingeführt und hatte damals in keiner anderen Rechtsordnung eine Entsprechung. Mittlerweile hat dieses Rechtsinstitut aber Parallelen in anderen Rechtsordnungen gefunden.[5] So kennen nun jedenfalls auch das niederländische, das schweizerische, das britische und das japanische Recht einen Versorgungsausgleich, und auch in anderen Ländern kommt es heute bereits aufgrund der versorgungsrechtlichen Regelungen zu einer Teilhabe eines geschiedenen Ehegatten am Vorsorgevermögen des anderen. In den neuen Bundesländern wurde der Versorgungsausgleich mit Wirkung vom 1.1.1992 eingeführt.[6] Für Lebenspartner gibt es den Versorgungsausgleich seit dem 1.1.2005.[7] Zur Frage des anwendbaren Rechts in Fällen mit Auslandsberührung vgl. Rdn 31 ff., zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte siehe § 11 Rdn 40 ff., zur Frage der Einbeziehung ausländischer Versorgungsanrechte in den Versorgungsausgleich deutschen Rechts vgl. § 4 Rdn 11.

 

Rz. 14

Das bis zum 31.8.2009 geltende Recht grenzte den Versorgungsausgleich streng leistungsbezogen von anderen Ausgleichsinstrumentarien ab: In den Versorgungsausgleich einbezogen wurden nur auf Rentenzahlungen gerichtete Versorgungsanrechte, während alle Anrechte, durch welche das Recht auf Einmalzahlungen begründet wurde, dem güterrechtlichen Ausgleich vorbehalten wurden. Das konnte in Fällen, in denen Mischsysteme bestanden oder in denen ein auf eine Rentenleistung gerichtete Anwartschaft bestand, welche durch die Ausübung einer Option in eine Einmalleistung umgewandelt werden konnte (oder umgekehrt) zu erheblichen Abwicklungsschwierigkeiten und Manipulationsmöglichkeiten führen. In Extremfällen war es möglich, dass es deswegen weder zu einem Ausgleich des Anrechts im Versorgungsausgleich noch im güterrechtlichen Ausgleich kam.

 

Rz. 15

Vor der Reform wurde der Versorgungsausgleich in der Weise durchgeführt, dass im Rahmen einer Gesamtbilanzierung zum Eheende ausgerechnet wurde, welche Gesamtaltersversorgung jedem Ehegatten zugestanden hätte, wenn man nur die in der Ehezeit erworbenen Anrechte berücksichtigte. Es wurde also für jeden Ehegatten ein hypothetischer Versorgungsfall (§ 1587a BGB a.F.) ausgerechnet (der mit der wirklichen Versorgung im Rentenbezugsalter grds. nicht übereinstimmte, weil in die Berechnung der wahren Versorgung noch andere Zeiten eingingen). Diese Versorgungen wurden dann verglichen. Der Ehegatte mit der geringeren Versorgung hatte einen Anspruch gegen den anderen auf Übertragung oder Begründung von Versorgungsanrechten, bis die Bilanz der ehezeitbezogenen Versorgungen ausgeglichen war. Vollzogen wurde der Ausgleich im Regelfall in der gesetzlichen Rentenversicherung, weil die gesetzlichen Regeln den Gesamtausgleich nach Möglichkeit dorthin kanalisierten (vgl. § 1587b BGB a.F., §§ 1, 3b VAHRG a.F.).

 

Rz. 16

Unausgesprochener Grundgedanke des früheren Rechts war, dass niemand besser gegen das Risiko "Alter" abgesichert sein kann als durch Anrechte auf eine Rente in der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese Sichtweise erklärt sich in der historischen Perspektive aus den hohen jährlichen Anpassungsraten, welche die Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung noch in den siebziger Jahren aufwiesen. Das bis zum 31.8.2009 geltende Recht kanalisierte deswegen den Ausgleich grds. in die gesetzliche Rentenversicherung hinein: Vom Fall der Realteilung (§ 1 Abs. 3 VAHRG a.F.) abgesehen, führte jeder Ausgleich zur Begründung von Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das hatte zum einen den Nachteil, dass ggf. Rentenanrechte mit besserer Rendite als in der gesetzlichen Rentenversicherung dem Ausgleichspflichtigen verblieben, während der Ausgleichsberechtigte mit Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung abgefunden wurde, welche eine deutlich schlechtere Wertentwicklung aufwiesen. Umgekehrt begrenzten die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen den möglichen Ausgleich: Da niemand mehr als zwei Entgeltpunkte im Jahr in der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben kann, wurde insofern auch der öffentlich-rechtliche Ausgleich gekappt, sobald zwei Entgeltpunkte erreicht waren (mit der Folge, dass der Rest schuldrechtlich ausgeglichen werden musste). Das führte in der Vergangenheit in vielen Fällen besser verdienender Ausgleichspflichtiger dazu, dass i.R.d. öffentlich-rechtlichen Ausgleichs nur ein Teilausgleich vorgenommen werden konnte, sodass der Berechtigte i.Ü. auf den wesentlich schwächer ausgestalteten schuldrechtlichen Ausgleich verwiesen wurde.

 

Rz. 17

Das frühere System basierte auf dem Vergleich von hypothetischen Rentenwerten. Um diesen Vergleich vornehmen zu können, mussten Bewertungen und Prognosen vorgenommen werden. Das gesamte System war deswegen sehr störanfällig.[8] Das lag v.a. daran, dass unterschiedliche Arten von Versorgungen zunächst vergleichbar gemacht werden mussten, damit sie in die Gesamtbilanz ein...

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