Rz. 57

In zweiter Linie ist nach Art. 8 Buchst. b das Recht des Staates berufen, in dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Das wird aber dahingehend eingeschränkt, dass dieser gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt in einem Staat nicht vor mehr als einem Jahr vor Anrufung des Gerichts endete und einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt haben muss, Wenigstens für eine Übergangszeit und solange einer der Ehegatten noch einen Bezug zu dem früheren gemeinsamen Aufenthaltsstaat hat, soll der früher geltende Rechtszustand noch konserviert werden.

 

Rz. 58

 

Beispiel

Die Deutschen M und F leben seit Jahren in Helsinki. Im März 2014 trennen sie sich. F zieht im Juni 2014 mit den gemeinsamen Kindern nach Deutschland. Im September 2014 stellt M in Hamburg den Scheidungsantrag. Hier liegt der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Eheleute in einem Staat (Finnland) noch nicht länger als ein Jahr zurück und der Ehemann hält sich in diesem Staat weiterhin gewöhnlich auf. Auf die Scheidung und damit auch den Versorgungsausgleich anzuwenden ist finnisches Recht. Damit scheidet ein Versorgungsausgleich von Amts wegen aus (vgl. Art. 17 Abs. 3 Satz 1 EGBGB). Unter den Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 2 Satz 3 EGBGB können aber beide Ehegatten die Durchführung eines Versorgungsausgleichs nach deutschem Recht beantragen.

 

Rz. 59

 

Beispiel

Im Beispiel Rdn 58 ist F bereits im März 2014 mit den gemeinsamen Kindern nach Deutschland zurückgekehrt. M bleibt in Finnland, wo er mit seiner neuen finnischen Lebensgefährtin zusammen lebt. Im April 2015 beantragt F die Scheidung. Auf die Scheidung ist nicht mehr finnisches Recht anzuwenden, denn der gewöhnliche Aufenthalt beider Ehegatten in diesem Land liegt mehr als ein Jahr zurück. Welches Recht auf die Scheidung und den Versorgungsausgleich anzuwenden ist, bestimmt sich nach Art. 8 Buchst. c VO 1259/2010.

 

Rz. 60

 

Beispiel

Haben im Beispiel Rdn 58 sich die beiden Eheleute im März 2014 getrennt und ist M mit seiner neuen Lebensgefährtin nach Schweden verzogen, während F mit den Kindern nach Hamburg gezogen ist, dann ist Art. 8 Buchst. b ebenfalls nicht mehr anwendbar. Das anzuwendende Recht richtet sich nach Art. 8 Buchst. c VO 1259/2010.

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