Rz. 71

Für die Berechnung der Vergütung bei "Großvermögen" gibt es mehrere Ansätze, die allerdings – wenn bestimmte wertabhängige Prozentsätze vorgeschlagen werden – den Charakter einer "Setzung" haben und daher nicht zwingend sein können, aber im Einzelfall brauchbare Erwägungsgründe geben können.

a) Sockelbetrag und individuelle Anpassung bei großen Nachlasswerten

 

Rz. 72

Denkbar ist, mit einem Sockelbetrag, wie er sich aus den gängigen Tabellen für die bürgerlichen Nachlässe errechnet, und einem individuellen Zuschlag zu erheben, welcher der durch die Größe des Nachlasses bedingten Arbeit und Verantwortung des Testamentsvollstreckers entspricht. Es würde sich dann die Frage stellen, wie die über den Höchstwert hinausgehende Verantwortung des Testamentsvollstreckers und sein Haftungsrisiko abgedeckt werden können. Angemessen könnte sein, die über den Sockelbetrag hinausgehende Verantwortung des Testamentsvollstreckers durch einen Zuschlag zu berücksichtigen, der sich an den Vergütungen für Führungspositionen der Wirtschaft mit vergleichbarer Verantwortung orientiert (Bankvorstände etc.).

Ein derartiges Verfahren ist für die Praxis allerdings wenig hilfreich, da es an verlässlichen Kriterien für den Sockelbetrag – wie auch immer man diesen festsetzen würde – und die Berechnung über ihn hinaus fehlt.

b) Wachstumswert

 

Rz. 73

Bonefeld[57] schlägt vor, die weiteren Degressionen nach dem Wachstumswert der jeweiligen Tabelle zu berechnen. Er hat diese Berechnung für die DNotV-Empfehlungen durchgeführt. Dies ergäbe dann folgende Gleichung:

Neuer Prozentsatz = 1,5 % der zu berechnenden Stufe (Bruttonachlasswert) : 1,5 % der Vorstufe.

Dies ergibt dann nach seiner Berechnung bei Nachlasswerten über 50 Millionen EUR folgende Vergütungsprozentsätze:

 
55 Mio. EUR 1,09 %
60 Mio. EUR 1,07 %
65 Mio. EUR 1,04 %
70 Mio. EUR 1,02 %
75 Mio. EUR 1,00 %
80 Mio. EUR 0,98 %
85 Mio. EUR 0,96 %
90 Mio. EUR 0,94 %
95 Mio. EUR 0,93 %
100 Mio. EUR 0,91 %
105 Mio. EUR 0,89 %

Bei darüberhinausgehenden Werten wird die Tabelle mit dem Wachstumswert zwischen 50 und 105 Mio. EUR (0,98) wie folgt weiterberechnet:

Neuer Prozentsatz = Prozentsatz der Vorstufe × 0,98

 

Rz. 74

Der Vorschlag von Bonefeld führt allerdings dazu, dass die Degression bei höheren Vermögenswerten zu einem Vergütungssatz führt, der gegen Null tendiert, was wiederum nicht angemessen sein kann. Er ist daher nur praktikabel, wenn die Degressionsstufen deutlich mehr als 5 Mio. EUR betragen würden. Er müsste zudem – wie bei den DNotV-Empfehlungen vorgesehen – ergänzt werden durch die Maßgabe, das mindestens der höchste Betrag der Vorstufe zugrunde gelegt wird.

[57] Bonefeld, ZEV 2021, 153.

c) Modell Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung

 

Rz. 75

Einen positivrechtlichen Anhaltspunkt liefert die Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung (InsVV) in der ab 1.1.2021 geltenden Fassung. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bei der InsVV wie auch bei den übrigen Tabellen – anders als bei den DNotV-Empfehlungen und der Groll´schen Tabelle – die Vergütung nicht einfach ablesbar ist, sondern gestaffelt berechnet werden muss, so dass sich die Degression nur abgeschwächt auswirkt.

 

Rz. 76

Die Auswirkungen der ab 1.1.2021geltenden InsVV sind unterschiedlich, je nachdem, ob der Nachlass den unteren, mittleren oder oberen Vermögensbereich zuzuordnen ist. Nach den Berechnungen von Graeber[58]

gibt es in der Masse bis 25.000 EUR keine Veränderung,
kommt es ab 100.000 bis 500.000.000 EUR zu Vergütungssteigerungen (etwa bei 100.000 EUR + 28,35 %, bei 500.000.000 EUR + 5,53 %).
verringert sich die Involvenzverwaltervergütung lediglich in den Bereichen ab 667.500.000 EUR (bei 1.000.000.000 EUR um –16,87 %, bei 4.000.662.550 EUR um –50 %).
 

Rz. 77

Legt man diese Parameter zugrunde, könnten die einschlägigen Tabellen bis zu einem Wert von 700 Mio. EUR unverändert angewandt werden (mit 40 % an die inflationäre Entwicklung angepassten Stufengrenzwerten), ab diesem Schwellenwert käme es dann zu einer Degression. Bei der Übertragung der Vergütungsprozentsätze der InsVV (bezogen auf den Nachlasswert) ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Vergütung nach der InsVV nicht linear, sondern stufenweise berechnet wird (anders als etwa die DNotV-Empfehlungen). Demnach haben sich im "oberen Vermögensbereich" durch die ab 1.1.2021 geltende InsVV folgende Veränderungen der Vergütungsprozentsätze (bezogen auf den Nachlasswert) im Vergleich zur Rechtslage bis 31.12.2020 ergeben:

 
  Verringerung im Vergleich zur InsVV bisher um Verringerung auf
700 Mio. bis 1 Mrd. EUR 16,92 % 83,13 %
Bis 2 Mrd. EUR 37,38 % 62,65 %
Bis 3 Mrd. EUR 44,66 % 55,35 %
Bis 5 Mrd. EUR 50,67 % 49,34 %
Bis 10 Mrd. EUR 55,28 % 44,72 %
 

Rz. 78

Überträgt man diese prozentuale Reduktion beispielsweise auf die (linear zu berechnende) Vergütung nach den DNotV-Empfehlungen, ergeben sich damit folgende Vergütungsprozentsätze:

 
  bisher neu
700 Mio. bis 1 Mrd. EUR 1,5 % 1,25 %
Bis 2 Mrd. EUR 1,5 % 0,94 %
Bis 3 Mrd. EUR 1,5 % 0,83 %
Bis 5 Mrd. EUR 1,5 % 0,74 %
Bis 10 Mrd. EUR 1,5 % 0,67 %

Dabei wird jedoch mindestens der höchste Betrag der Vorstufe zugrunde gelegt.

Die Vergütung für die andere...

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