Rz. 27

Ist dem Mandanten Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe nur gegen Ratenzahlung bewilligt worden, so kann der Anwalt darüber hinaus auch den weiter gehenden Betrag bis zur vollen Höhe seiner Wahlanwaltsgebühren nach § 50 RVG gegen die Staatskasse festsetzen lassen. Die Staatskasse zieht dann von der bedürftigen Partei solange weitere Raten ein, bis auch die Wahlanwaltsgebühren gedeckt sind. Höchstens können allerdings 48 Raten eingezogen werden (§ 115 Abs. 2 S. 4 ZPO). Sofern diese nicht für die vollen Wahlanwaltsgebühren ausreichen, muss sich der Anwalt mit dem ausgezahlten Teil begnügen.

 

Beispiel 8: Weitere Vergütung gegen die Staatskasse, Wahlanwaltsvergütung gedeckt

Der Anwalt wird seiner Partei für eine Kündigungsschutzklage vor dem ArbG (Wert: 8.000,00 EUR) im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet. Es werden Raten in Höhe von 50,00 EUR angeordnet. Das Verfahren endet durch Vergleich.

Der beigeordnete Anwalt des Beklagten erhält aus der Staatskasse zunächst 1.344,11 EUR (siehe Beispiel 2). Zur Festsetzung nach § 50 RVG kann er weiterhin anmelden:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 13 RVG   652,60 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. ./. bereits von der Staatskasse gezahlter   – 412,10 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 13 RVG   602,40 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
4. ./. bereits von der Staatskasse gezahlter   – 380,40 EUR
5. 1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000 Nr. 1, 1003 VV, § 13 RVG   502,00 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
6. ./. bereits von der Staatskasse gezahlter   – 317,00 EUR
7. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
8. ./. bereits von der Staatskasse gezahlter   – 20,00 EUR
  Zwischensumme 647,50 EUR  
9. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   123,03 EUR
Gesamt   770,53 EUR

Da die Landeskasse hier Raten in Höhe von 48 × 50,00 EUR = 2.400,00 EUR einziehen kann, wird sie die Raten also bis 2.114,63 EUR (Wahlanwaltsvergütung) einziehen. Da bei einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht keine Gerichtskosten anfallen (Vorbem. 8 GKG-KostVerz.), brauchen keine weiteren Raten eingefordert zu werden. Von den eingezogenen Raten in Höhe von 2.114,63 EUR wird die Landeskasse 1.344,11 EUR auf die von ihr an den Anwalt gezahlte Prozesskostenhilfevergütung verrechnen und den Restbetrag begrenzt auf die Höhe von 770,52 EUR an den Anwalt auszahlen. Der Anwalt erhält also letztlich die volle Wahlanwaltsvergütung.

 

Rz. 28

 

Beispiel 9: Weitere Vergütung gegen die Staatskasse, Wahlanwaltsvergütung nicht gedeckt (zu geringe Raten)

Wie vorangegangenes Beispiel 8; jedoch wird eine Ratenzahlung in Höhe von lediglich 20,00 EUR angeordnet.

Der beigeordnete Anwalt des Beklagten erhält aus der Staatskasse zunächst wiederum 1.344,11 EUR (siehe Beispiel 2). Zur Festsetzung nach § 50 RVG kann er weitere 770,52 EUR anmelden (siehe Beispiel 8).

Da die Landeskasse hier nur Raten in Höhe von 48 × 20,00 EUR = 960,00 EUR einziehen kann und dies nicht einmal die gezahlte Prozesskostenhilfevergütung abdeckt, erhält der Anwalt keine weitere Vergütung.

 

Rz. 29

 

Beispiel 10: Weitere Vergütung gegen die Staatskasse, Wahlanwaltsvergütung teilweise gedeckt (zu geringe Raten)

Wie Beispiel 8; jedoch wird nach Zahlung von 30 Raten die Prozesskostenhilfebewilligung dahingehend abgeändert, dass keine Raten mehr zu zahlen sind.

Der beigeordnete Anwalt des Beklagten erhält aus der Staatskasse zunächst wiederum 1.344,11 EUR (siehe Beispiel 2). Zur Festsetzung nach § 50 RVG kann er weitere 770,52 EUR anmelden (siehe Beispiel 8).

Die Landeskasse hat jetzt Raten in Höhe von 30 × 50,00 EUR = 1.500,00 EUR eingezogen. Diese verrechnet sie zunächst auf die gezahlte Prozesskostenhilfevergütung, sodass noch restliche 155,89 EUR verbleiben. Diese erhält der Anwalt auf seine weiter gehende Wahlanwaltsvergütung. In Höhe von (770,52 EUR – 155,89 EUR =) 614,63 EUR fällt er aus. Diesen Fehlbetrag kann der Anwalt auch nicht vom Mandanten verlangen (§ 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO).

 

Rz. 30

 

Beispiel 11: Weitere Vergütung gegen die Staatskasse, Wahlanwaltsvergütung nicht gedeckt (vorrangige Gerichtskosten)

Der Anwalt wird seiner Partei für eine Klage in Höhe von 75.000,00 EUR im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet. Es werden Raten in Höhe von 80,00 EUR angeordnet. Die Klage wird abgewiesen.

Der beigeordnete Anwalt des Klägers erhält aus der Staatskasse zunächst:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 49 RVG   856,70 EUR
  (Wert: über 50.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 49 RVG   790,80 EUR
  (Wert: über 50.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.667,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   316,83 EUR
Gesamt   1.984,33 EUR

Zur Festsetzung nach § 50 RVG kann er weiterhin anmelden:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 13 RVG   1.907,10 EUR
  (Wert: 75.000,00 EUR)    
2. ./. bereits von der Staatskasse gezahlter   – 856,70 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 13 RVG   1.760,40 EUR
  (Wert: 75.000,00 EUR)    
4. ./. bereits von der Staatskasse gezahlter   – 790,80 EUR
5. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 E...

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