Rz. 46

Der BGH hat einen Mindestbedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten ausdrücklich anerkannt.[49]

Soll ein höherer Bedarf geltend gemacht werden, trägt hierfür die Unterhaltsberechtigte die Darlegungs- und Beweislast.[50]

 

Rz. 47

 

Praxistipp:

Von praktischer Bedeutung ist dieser Mindestbedarf vor allem für den Anspruch aus § 1361 BGB und im Hinblick auf Unterhaltsansprüche, bei denen keine oder nur eine eingeschränkte Erwerbsobliegenheit besteht.
Der nicht erwerbstätige Berechtigte kann folglich einen Bedarf in Höhe des Mindestbedarfes geltend machen, ohne diesen weiter begründen zu müssen. Soweit der Anspruch nicht an eigenen ggf. fiktiven Einkünften im Rahmen der Bedürftigkeit scheitert, trägt der Pflichtige auf der Ebene der Leistungsfähigkeit die volle Darlegungs- und Beweislast.
Damit wird ein Großteil der Unterhaltsverfahren im Normalverdienerbereich abgedeckt, in denen der Unterhaltspflichtige nach Abzug des vorrangige Kindesunterhaltes nach seinen finanziellen Verhältnissen gar nicht in der Lage ist, einen höheren Ehegattenunterhalt als den Mindestunterhalt zu leisten.
Erteilt der Unterhaltspflichtige nur zögerlich oder unzureichend Auskunft über seine Einkünfte, ist es ratsam, erst einmal auf der Basis des Mindestbedarfes zu rechnen und ggf. mit diesem Argumentationsansatz sofort ein Zahlungsverfahren einzuleiten. Besteht die begründete Erwartung, dass der Anspruch aufgrund eines tatsächlich höheren Einkommens des Pflichtigen doch noch höher ausfallen wird, sollte deutlich gemacht werden, dass vorerst lediglich ein Teilbetrag geltend gemacht wird. Die Möglichkeiten der §§ 235, 236 FamFG sollten genutzt werden (dazu § 20 Rdn 98 ff.).

Dem Mindestbedarf des Berechtigten steht auf der anderen Seite der Selbstbehalt des Pflichtigen gegenüber, dessen Höhe zwar von der Art seiner Unterhaltspflicht abhängig ist, der den nur geringfügig über dem Existenzminimum pauschalierten Mindestbedarf aber keinesfalls unterschreitet.[51] Daher steht der Halbteilungsgrundsatz einem Mindestbedarf beim nachehelichen Unterhalt nicht entgegen.[52]

[49] BGH FamRZ 2010, 357 mit Anm. Maier = NJW 2010, 937 mit Anm. Hoppenz; Anm. Graba, FF 2010, 150; BGH FamRZ 2010, 802 mit Anm. Viefhues = NJW 2010, 1665.
[50] Ausführlich zur Darlegungs- und Beweislast im Unterhaltsrecht Bömelburg, FF 2015, 273 und FF 2015, 350.
[52] BGH v. 17.3.2010 – XII ZR 204/08, FamRZ 2010, 802 mit Anm. Viefhues = NJW 2010, 1665.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge