Rz. 441

Wird lediglich formuliert, dass im Falle der Wiederverheiratung der Nachlass an die Schlusserben herauszugeben ist und wird der überlebende Ehegatte zunächst zum unbeschränkten Vollerben eingesetzt, bedeutet dies, dass er im Falle der Wiederverheiratung zum Vorerben eingesetzt ist (konstruktive Vor- und Nacherbschaft). Nacherben sind die gemeinsamen Kinder. Dies bedeutet demgemäß, dass die Vollerbeneinsetzung des überlebenden Ehegatten auflösend bedingt ist durch die Wiederverheiratung. Der überlebende Ehegatte ist aufschiebend bedingter Vorerbe. Die vorbezeichnete Konstruktion führt dazu, dass der überlebende Ehegatte ab dem Tod des Erstversterbenden den Beschränkungen eines Vorerben unterliegt.[535] Die vorstehende Konstruktion verwandelt demgemäß die Einheitslösung in eine Trennungslösung.[536] Die vorstehende Regelung ist zwar theoretisch möglich, sollte allerdings aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit vermieden werden.[537] Langenfeld spricht hier sogar von einem Gestaltungsfehler.[538] In jedem Falle stellt sich das Problem, dass der überlebende Ehegatte bis zur Wiederverheiratung sämtliche Verfügungen als Vollerbe getroffen hat, ab dem Zeitpunkt der Wiederverheiratung jedoch eine von Anfang an geltende rückwirkende Vorerbschaft angenommen wird. In der Regel ist allerdings von befreiter Vorerbschaft auszugehen, es sei denn, es wurden anderweitige Anordnungen getroffen oder sonstige Umstände stehen dieser Annahme entgegen,[539] was demgemäß zu einer Abschwächung des Problems führt.

 

Rz. 442

Muster 3.18: Vor- und Nacherbenregelung

 

Muster 3.18: Vor- und Nacherbenregelung

Muster: Vor- und Nacherbenregelung

Für den Fall, dass der überlebende Ehegatte sich wiederverheiraten sollte, legen wir wechselseitig fest, dass die angeordnete Vollerbschaft auflösend bedingt ist.

Im Falle der Wiederverheiratung soll der überlebende Ehegatte nur Vorerbe sein, wobei er von allen Verfügungsbeschränkungen, soweit das Gesetz dies zulässt, sowie von allen Verpflichtungen, von denen nach dem Gesetz (§ 2136 BGB) Befreiung erteilt werden kann, befreit ist. Demgemäß soll befreite Vorerbschaft angeordnet sein, d.h. dass der überlebende Ehegatte über den Nachlass im Sinne von Veräußerungen und Belastungen verfügen und diesen auch für sich verzehren und verbrauchen kann.

Die Befreiung von allen gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen, soweit zulässig, gilt sinngemäß auch für die Rechtsstellung des überlebenden Ehegatten bis zu einer eventuellen Wiederverheiratung (konstruktive Vor- und Nacherbschaft).

Nacherben sind die in § _________________________ näher aufgeführten Personen. Für die Bestimmung der Ersatznacherben gilt § _________________________ entsprechend. Im Übrigen gelten die sich aus § _________________________ dieses Testaments ergebenden Bedingungen sinngemäß.

[535] MüKo/Musielak, § 2269 Rn 54.
[536] MüKo/Musielak, § 2269 Rn 54 ff.
[537] Wilhelm, NJW 1990, 2857.
[538] Langenfeld/Fröhler, Testamentsgestaltung, Rn 653.
[539] BGH FamRZ 1961, 275; BayObLGZ 1966, 227; Nieder/Kössinger, § 14 Rn 119.

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