Rz. 22

Der Zuerstversterbende wendet den auf seinen Tod von der Erbfolge ausgeschlossenen ehegemeinsamen Kindern und/oder den Kindern aus der ersten Beziehung und/oder den Kindern des neuen Partners aus erster Beziehung ein Vermächtnis zu, dessen Zweck es ist, ihnen als Ersatz eine Abfindung einzuräumen und ihre Erbschaftsteuerfreibeträge auf den Tod des Zuerstversterbenden ganz oder teilweise auszuschöpfen. Der überlebende Ehegatte hat als Beschwerter die Befugnis, unter den Genannten den bzw. die Bedachten gem. § 2151 BGB und unter den Ausgewählten zu bestimmen, was jeder hieran gem. § 2153 BGB erhält. Er kann gemäß § 2156 BGB die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen und die Zeit der Erfüllung nach freiem Belieben gemäß § 2181 BGB festlegen. Er kann nach billigem Ermessen den Bedachten einzelne Gegenstände zuweisen, diese bewerten und Ausgleichs- bzw. Gleichstellungszahlungen festlegen.

Der überlebende Ehegatte kann somit unter der Berücksichtigung seines eigenen Versorgungsinteresses bestimmen:

den Zeitpunkt der Erfüllung des Vermächtnisses,
die Bedingungen der Vermächtniserfüllung,
den Gegenstand der Vermächtniserfüllung,
den Anteil am Vermächtnis sowie
diejenigen, die aus dem Kreis der Vermächtnisnehmer das Vermächtnis erhalten sollen.

Das Vermächtnis kann auch durch wiederholte Übertragung von Vermögensvorteilen erfüllt werden, insbesondere wenn durch Zeitablauf neue erbschaftsteuerliche Freibeträge entstehen.

 

Rz. 23

Das "Supervermächtnis" bietet gegenüber einem herkömmlichen Freibetragsvermächtnis, das bei Ableben des ersten Elternteils anfällt und fällig wird, diverse Vorteile:

Die Liquidität des länger lebenden Ehegatten wird nicht eingeschränkt.
Bezieht eines der Kinder staatliche Leistungen (Hilfe zum Lebensunterhalt, Arbeitslosengeld II oder Bafög), würden diese Zahlungen aufgrund des Vermächtnisses eingestellt werden. Dies kann mit einem "Supervermächtnis" vermieden werden.
Das Vermögen steht dem länger lebenden Ehegatten zur Sicherung der Altersversorgung weiterhin zur Verfügung.
Hat eines der Kinder noch nicht die erforderliche Reife erlangt, um mit dem ererbten Vermögen verantwortungsbewusst umzugehen, kann der Anfall des Vermächtnisses auf einen späteren Zeitpunkt hinausgeschoben werden.

Beim sog. "Supervermächtnis" legt der Erblasser den Leistungsinhalt noch nicht fest. Angeordnet wird ein Zweckvermächtnis nach § 2156 BGB. Der Erblasser bestimmt lediglich das "Ob" der Leistung. Die Bestimmung des Leistungsinhalts wird dem länger lebenden Ehegatten bzw. einem Testamentsvollstrecker eingeräumt.

Zudem wird lediglich der Kreis der Bedachten festgelegt. Der länger lebende Ehegatte bzw. ein Testamentsvollstrecker darf nach § 2151 Abs. 1 BGB bestimmen, wer aus dem Kreis der bedachten Abkömmlinge überhaupt etwas erhält.

Sobald feststeht, welche Personen aufgrund des Vermächtnisses etwas erhalten sollen, muss noch geklärt werden, welchen Anteil die Personen jeweils erhalten sollen. Auch insoweit wird dem länger lebenden Ehegatten bzw. einem Testamentsvollstrecker ein Bestimmungsrecht eingeräumt, wobei § 2153 Abs. 1 BGB die Rechtsgrundlage darstellt.

Der Anspruch aus dem Vermächtnis entsteht gemäß § 2176 BGB mit dem Erbfall ("Anfall des Vermächtnisses"). Da der Erblasser den länger lebenden Ehegatten vor Liquiditätsproblemen schützen will, wird diesem auch ein Fälligkeitsbestimmungsrecht gem. § 2181 BGB zuerkannt.

Für den Fall, dass der überlebende Ehegatte möglicherweise aufgrund eintretender Geschäftsunfähigkeit nicht mehr in der Lage ist, sein Bestimmungsrecht auszuüben, sollte vorbeugend Testamentsvollstreckung angeordnet werden.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge