I. Sachschaden

1. Gewinnausfall

 

Rz. 1

Soweit der Unternehmer mit der ihm zur Verfügung stehenden, durch das Unfallgeschehen gebrauchsuntüchtig gewordenen Sache Einnahmen erzielen wollte, hat er Anspruch auf Ersatz seines Gewinnausfalls.[1]

 

Rz. 2

Beim Verdienstausfall eines Selbstständigen hat dieser Anspruch auf Ersatz der anhand des Betriebsergebnisses konkret festzustellenden Gewinnminderung,[2] wobei er sich ersparte Aufwendungen anrechnen lassen muss. Der Selbstständige kann den Verdienstausfall oder entgangenen Gewinn als Bruttobetrag verlangen,[3] der dann der Einkommensteuer unterliegt.[4]

 

Rz. 3

Bei der Ermittlung der Höhe des Verdienstausfalls steht es dem Kläger frei, die Schadensberechnung nach der abstrakten oder konkreten Methode anzustellen. In beiden Fällen bedarf es nicht der vollen Gewissheit der Gewinnerzielung; es genügt die bloße Wahrscheinlichkeit (§ 252 BGB). Dabei hat der Geschädigte aufzuzeigen, wie sich seine Verdienstmöglichkeit nach menschlicher Erfahrung weiterentwickelt haben würde, wenn der Unfall nicht stattgefunden hätte. Welche Tatsachen unerlässliche Voraussetzung für eine Wahrscheinlichkeitsprüfung nach § 252 S. 2 BGB und daher vom anspruchstellenden Geschädigten vorzutragen sind, hängt von den jeweiligen Umständen ab.[5] Zu § 252 BGB ausführlich in Kapitel 13 (siehe § 13 Rn 74 ff.).

 

Rz. 4

Der Verdienstausfall muss aus der Verletzung[6] der Person des Anspruchstellenden resultieren. Führt eine Sachbeschädigung dazu, dass eine Person deswegen ihre Arbeitskraft nicht mehr einsetzen kann, weil z.B. das Arbeitsgerät beschädigt oder zerstört ist, steht ihr als abhängig Beschäftigtem regelmäßig kein Ersatzanspruch zu.

 

Rz. 5

 

Beispiel 3.1

Das LKW-Unternehmen U besitzt nur einen Lkw, der vom Fahrer X gefahren wird. Ein von A verschuldeter Verkehrsunfall führt zum technischen Totalschaden dieses Lkw. Der Fahrer X, der selbst beim Unfall unverletzt geblieben ist, wird daraufhin entlassen.

Ergebnis:

X hat keinen Anspruch gegen A auf Ersatz seines Verdienstausfalls.[7] Das Risiko nicht vorhandenen Arbeitsgerätes (hier Lkw) betrifft allein die arbeitsvertragliche Sphäre: Hier ist zu klären, ob arbeitsvertragliche Gehaltsansprüche des X trotz Wegfall des Arbeitsgerätes gegenüber U bestehen.[8]

U hat Anspruch auf Gewinnausfall.

 

Rz. 6

Bietet der Arbeitnehmer bei Wegfall des Arbeitsgerätes seine Arbeit an, kann diese allerdings mangels Arbeitsgerät nicht verwerten, entsteht dem Arbeitgeber ein wirtschaftlicher Schaden, sofern er Entgelt fortzahlt (und hierzu u.U. arbeitsrechtlich sogar verpflichtet ist). Mangels fehlenden Ersatzanspruchs seines Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber keinen Anspruch aus (vom Arbeitnehmer) übergegangenem Recht geltend machen; ein eigener Anspruch des Arbeitgebers entfällt (mittelbarer Schaden). Eingeschränkter Kündigungsschutz und arbeitsrechtliche Lohnfortzahlungsverpflichtung stellen sich als mittelbarer Schaden des Arbeitgebers dar (siehe auch Rn 300, § 5 Rn 258).

 

Rz. 7

 

Beispiel 3.2

Unternehmer U betreibt einen Friseursalon.[9]

Seine Mitarbeiterin M ist an einem Unfall beteiligt und behauptet eine zur Arbeitsunfähigkeit führende HWS-Verletzung. M bleibt der Arbeit 6 Wochen fern. U zahlt für 6 Wochen Lohn i.H.v. 2.000 EUR fort.

U stellt F als Ersatzkraft ein. Er zahlt der F in dieser Zeit 1.500 EUR.

Ergebnis:

Lohnfortzahlung an M

Ansprüche bestehen nicht aus eigenem Recht des U. U ist nur mittelbar geschädigt.

U kann seinen Anspruch nur auf § 6 EFZG stützen. Macht ein Arbeitgeber (U) den Verdienstausfallschaden seines Arbeitnehmers (M) geltend, der aufgrund seiner Lohnfortzahlung gemäß § 6 EFZG auf ihn übergegangen ist, muss er nicht nur darlegen, in welchem Umfang er Leistungen an den Arbeitnehmer erbracht hat, sondern auch zu den Voraussetzungen des übergegangenen Schadensersatzanspruchs vortragen.[10] (Siehe auch § 2 Rn 142).

Ersatzkraftkosten der F

U kann die Ersatzkraftkosten nicht verlangen.[11] U ist als Arbeitgeber nicht in einem eigenen Recht verletzt. Mangels Rechtsgutverletzung kann U die Zahlung an F nicht ersetzt verlangen.

[1] OLG München v. 30.6.2003 – 31 U 5458/02 – VersR 2006, 712 (BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen, Beschl. v. 7.12.2004 – VI ZR 353/03 –) (Produkthaftung kann auch Schadenersatz für entgangenen Gewinn umfassen).
[2] BGH v. 5.5.1970 – VI ZR 212/68 – BB 1970, 862 = BGHZ 54, 45 = DB 1970, 1264 = JuS 1970, 586 = JZ 1971, 371 (Anm. Lieb JZ 1971, 358) = MDR 1970, 752 = NJW 1970, 1411 = VersR 1970, 766 = VRS 39, 163 (Nicht der Wegfall der Arbeitskraft als solcher ist ein Schaden im haftungsrechtlichen Sinne, sondern der dadurch entstandene Ausfall der Arbeitsleistung. Daher kann ein Unternehmer, bei dem sich der wirtschaftliche Wert seiner Arbeitsleistung nach dem Erfolg seiner Tätigkeit bestimmt, seinen Schaden nicht in Höhe des Gehalts einer gleichwertigen Ersatzkraft bestimmen.); BGH v. 31.3.1992 – VI ZR 143/91 – NJW-RR 1992, 852 = VersR 1992, 973 = zfs 1992, 298; KG v. 26.7.2001 – 12 U 1529/00 – BeckRS 2009, 24891 = juris.
[3] BGH v. 24.9.1985 – VI ZR 65/84 – ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge