Rz. 65

Jede Beschlussfassung setzt eine entsprechende Ankündigung voraus. Muss nun der Verwalter von sich aus das Thema "Störungen" ankündigen, nur weil ihm solche bekannt geworden sind? Die Frage ist zwar zu verneinen; aber zugleich gibt es wenig Grund, weshalb der Verwalter ein an ihn herangetragenes aktuelles Problem nicht auf die Tagesordnung nehmen sollte. Wenn das Thema in der Versammlung niemanden (mehr) interessiert, muss man sich damit nicht mehr lange aufhalten. Im Zweifel gilt die "Faustregel", dass besser zu viel als zu wenig angekündigt wird. Und jedenfalls auf entsprechenden Antrag hin muss der Verwalter das Thema auf die Tagesordnung nehmen (→ § 7 Rdn 47). Eine andere Frage ist es, ob ein "gestörter" Miteigentümer beanspruchen kann, dass der Verwalter zwecks Beschlussfassung eine außerordentliche Versammlung einberuft. Denn die Einberufung und Abhaltung einer (außerordentlichen) Versammlung erfordert vom Verwalter – anders als die bloße Aufnahme eines TOPs in die Tagesordnung einer ohnehin anstehenden (ordentlichen) Versammlung – einen nicht unerheblichen Aufwand an Zeit (und je nach Fall dementsprechende Kosten). Soweit es um Störungen des Sondereigentums geht, gegen die ein einzelner Wohnungseigentümer aus eigenem Recht vorgehen kann, kann es im Einzelfall ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn der Verwalter unter Hinweis auf diese Möglichkeit das Einberufungsverlangen zurückweist. Bei Störungen (auch) des Gemeinschaftseigentums kann der Einzelne aus eigenem Recht nichts unternehmen; das spricht dafür, dass eine erforderliche Beschlussfassung ermöglicht und nicht in unzumutbare Ferne gerückt wird.

 

Rz. 66

Ist das Thema "Störungen durch …" ordnungsgemäß angekündigt, stellt sich die Frage, was die Gemeinschaft rechtmäßig beschließen kann. Geht es um Störungen durch bauliche Veränderungen, kann es im Einzelfall durchaus ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn die Gemeinschaft beschließt, einen auf Tätigwerden gerichteten Antrag abzulehnen (→ § 4 Rdn 125). Geht es um die unzulässige Nutzung von Wohnungen oder Teileigentum (entgegen dem jeweiligen Bestimmungszweck) ist die Gemeinschaft ebenfalls nicht grundsätzlich zum Einschreiten verpflichtet; denn soweit mit der unzulässigen Nutzung Störungen des Sondereigentums verbunden sind, können gestörte Sondereigentümer dagegen aus eigenem Recht vorgehen. Es entspricht aber auch ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Gemeinschaft gegen Störungen des Sondereigentums (z.B. Ruhestörungen) vorgeht; allerdings nur dann, wenn dem Beschluss auch die "Gestörten" zustimmen.

 

Rz. 67

Will die Gemeinschaft gegen eine Störung vorgehen, sollte aus "Stilgründen" und zur Vermeidung eines prozessualen sofortigen Anerkenntnisses unter Verwahrung gegen die Kosten (§ 93 ZPO) im Normalfall nicht die sofortige Einleitung gerichtlicher Schritte beschlossen werden. Vielmehr ist zu empfehlen, dass der Störer in einem ersten Schritt unter Fristsetzung zur Unterlassung der Störung aufgefordert wird (insofern kann man auch von einer "Abmahnung" sprechen) und in einem zweiten Schritt die Konsequenzen für den Fall des Andauerns der Störungen beschlossen werden, indem rechtliche Schritte vorbereitet werden. Das gilt für Störungen jeglicher Art, also auch und insbesondere beim Vorgehen gegen bauliche Veränderungen (Muster → § 4 Rdn 120). Ein solcher Aufforderungs- und Vorbereitungsbeschluss ist de facto unanfechtbar (dazu nachfolgend).

 

Rz. 68

Muster 3.4: Aufforderungs- und Vorbereitungsbeschluss

 

Muster 3.4: Aufforderungs- und Vorbereitungsbeschluss

1. Miteigentümer A wird aufgefordert es zu unterlassen, Hunde, insbesondere seinen American Staffordshire Terrier, im gemeinschaftlichen Keller ohne Leine und Maulkorb laufen zu lassen. Oder: Miteigentümer A wird aufgefordert es zu unterlassen, dass in seiner Wohnung Nr. 8 in den Ruhezeiten (zwischen 12 und 14 Uhr und zwischen 20 und 8 Uhr) in einer über Zimmerlautstärke hinaus gehenden Weise Geräusche verursacht werden, insbesondere durch Musizieren, Gesang, den Betrieb von Radios oder Musikanlagen usw.; ferner es zu unterlassen, außerhalb der Ruhezeiten für mehr als 1 ½ Stunden Dauer in einer über Zimmerlautstärke hinaus gehenden Weise durch Musizieren, Gesang oder den Betrieb von Radios oder Musikanlagen Geräusche zu verursachen.
2. Wenn dem Verwalter Verstöße gegen die Pflichten gemäß Nr. 1 gemeldet werden, hat er ein Rechtsanwaltsbüro mit der Wahrnehmung der Interessen der Gemeinschaft zu beauftragen. Er darf mit dem Rechtsanwaltsbüro eine Vergütungsvereinbarung mit folgendem Inhalt abschließen: Zeitvergütung bis 220,00 EUR/Stunde, Abrechnung im 5-Minuten-Takt, Fahrtkosten 0,50 EUR/km. In gerichtlichen Verfahren gilt die gesetzliche Vergütung nach dem RVG (die nicht unterschritten werden darf), sofern sie höher ist. Das Rechtsanwaltsbüro soll die zur Unterlassung der Störungen erforderlichen Maßnahmen ergreifen; gerichtlichen Schritten wird zugestimmt.
3. Eventuelle Mehrkosten einer Vergütungsvereinbarung nach Nr. 2 dieses Beschlusse...

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