Rz. 36

Betrifft die Einwilligung nicht den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung, wird die Auslegung der Einwilligung regelmäßig zu anderen Ergebnissen führen. Das OLG Koblenz hatte es anschaulich wie folgt zusammengefasst:[32]

Zitat

"Im Rahmen der Prüfung des Anspruchs auf Löschung gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog ist zu berücksichtigen, dass unter Beachtung des Grundsatzes der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte das allgemeine Persönlichkeitsrecht und der Umstand der Einwilligung in die Anfertigung einerseits in Abwägung zu bringen sind mit dem Eigentumsrecht des Beklagten an den Lichtbildern und elektronischen Vervielfältigungsstücken sowie dem Recht auf Kunstfreiheit andererseits."

Das Landgericht hebt zu Recht hervor, dass Lichtbilder, die die Klägerin in bekleidetem Zustand in Alltags- oder Urlaubssituationen zeigen, das allgemeine Persönlichkeitsrecht in einem geringeren Maße tangieren und weniger geeignet sind, das Ansehen der Klägerin gegenüber Dritten zu beeinträchtigen.“

Das OLG Koblenz benennt hier die betroffenen Interessen im Einzelnen – wobei richtigerweise nicht vom Eigentumsrecht des Fotografen an den Lichtbildern die Rede sein sollte, sondern von seinem Recht am Lichtbild nach § 72 UrhG oder, wenn die notwendige Werkhöhe erreicht ist, von seinem Recht am Lichtbildwerk (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG).

 

Rz. 37

Bei intimen Fotos überwiegt, wie wir oben gesehen haben, nach dem Ende der Beziehung das Interesse der abgebildeten Person an dem Schutz des Kernbereichs ihres Persönlichkeitsrechts. Daran ändert auch der Umstand der zuvor erteilten Einwilligung nichts. Die Abwägung der Interessen ergibt indes für die nicht intimen Fotos, dass die Einwilligung über das Ende der Beziehung hinaus Bestand hat.[33] Da insoweit der Kernbereich der privaten Lebensführung nicht betroffen ist, muss sich die fotografierte Person an der einmal erteilten Einwilligung festhalten lassen. Ihre Interessen werden nicht in demselben Maß berührt, wie das bei intimen Fotos der Fall ist.

 

Rz. 38

Bei der Auslegung der Einwilligung sind dabei Fragen der "Üblichkeit" und der "Verkehrssitte" zu berücksichtigen. Nach dem OLG Koblenz entspricht es bspw. der "Üblichkeit", dass

Zitat

"etwa bei Feiern, Festen und in Urlauben Fotos von Personen in deren Einverständnis gemacht werden und mit diesem Einverständnis zugleich das Recht eingeräumt wird, diese Fotos auf Dauer besitzen und nutzen zu dürfen."[34]

Grundsätzlich wird im privaten Bereich also eine Einwilligung auf Dauer erteilt. Für einen späteren "Widerruf" der Einwilligung ist deshalb in der Regel nur dann Raum, wenn besondere Umstände das rechtfertigen.[35]

[35] Vgl. zu den verschiedenen Fallgruppen etwa OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 24.2.2011 – 16 U 172/10, BeckRS 2011, 06926. Ausf. Wanckel, Foto- und Bildrecht, S. 120 ff.

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