Rz. 201

Die Beendigung eines urheberrechtlichen Vertrages führt dazu, dass die eingeräumten Nutzungsrechte an den Urheber bzw. den Lizenzgeber zurückfallen (Heimfall der Nutzungsrechte), da der Rechtsgrund für die Nutzungsrechtseinräumung entfallen ist. Ein vom Lizenznehmer unterlizenziertes Nutzungsrecht bleibt dagegen wegen seines dinglichen Charakters bestehen.[267]

 

Rz. 202

Seit Jahren gibt es die Diskussion um die Insolvenzfestigkeit von Lizenzen, die durch den Gesetzesentwurf des geplanten neuen § 108a InsO gelöst werden soll.[268] Letztlich geht es um den Bestand von Verträgen und die daraus folgenden Lizenzen im Falle der Insolvenz des Lizenzgebers, die oftmals eine wesentliche Grundlage des Lizenznehmers als Unternehmen darstellt.[269] Um einem Wahlrecht des Insolvenzverwalters gem. § 103 InsO entgegenzuwirken, der den Lizenzvertrag beenden kann, somit evtl. Schadensersatzansprüche des Lizenznehmers normale Insolvenzforderungen darstellen, sind folgende Vertragsgestaltungen bekannt.

 

Rz. 203

Es wird ein pacht- oder kaufähnlicher Vertrag abgeschlossen, um dabei durch "buy-out-deals" und Ausschluss weiterer Verpflichtungen den Vertrag schon zu erfüllen. Eine weitere Option zielt auf die Bestellung eines Nießbrauchsrechts (Pfandrecht an der Lizenz), womit ein quasi Absonderungsrecht erreicht werden soll. Problematisch sind diese Konstruktionen im Hinblick auf § 119 InsO, wonach Vereinbarungen, durch die im Voraus die Anwendung der §§ 103 bis 118 InsO ausgeschlossen oder beschränkt wird, unwirksam sind.

 

Rz. 204

Eine weitere "Abhilfekonstruktion" könnte sich aus der Vereinbarung ergeben, dass der Lizenzvertrag aus wichtigem Grund gekündigt werden kann und dass bei einer Kündigung das Nutzungsrecht auf den Lizenznehmer übergeht. Bei solch einer Vereinbarung hat bereits vor der Insolvenzeröffnung ein dinglicher Rechtsübergang stattgefunden. Der BGH hat dazu ausgeführt, dass die aufschiebende Bedingtheit dieses Rechtsübergangs der Insolvenzfestigkeit nicht entgegensteht.[270]

 

Rz. 205

 

Beispiele

Auch neuere Entscheidungen bestätigen diese Überlegungen. Der BGH hatte folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Zunächst wurde dem Hauptlizenznehmer eine ausschließliche Lizenz durch den Lizenzgeber an einer Software eingeräumt, an der der Hauptlizenznehmer eine einfache Unterlizenz erteilte. Nachdem der Hauptlizenznehmer seinen Betrieb eingestellt hatte, erklärte der Lizenzgeber gegenüber dem Hauptlizenznehmer den Rückruf gem. § 41 UrhG und nahm den Hauptlizenznehmer wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch. Der BGH[271] entschied, dass die Unterlizenz vom Rückruf unberührt bleibe, denn das einfache Nutzungsrecht habe – wie auch das ausschließlich Nutzungsrecht – keinen schuldrechtlichen, sondern dinglichen Charakter.

Zwei weitere BGH-Entscheidungen bestätigen diesen Trend. In der Entscheidung "Take Five"[272] geht es um das Verwertungsrecht des Komponisten Paul Desmond, der im Jahre 1960 weltweit die ausschließlichen Nutzungsrechte (Musikverlagsrechte) an der Komposition "Take Five" einem Musikverlag eingeräumt hatte. Letzterer hatte die Rechte für Europa an einen Hauptlizenznehmer eingeräumt, der seinerseits Unterlizenzen für Deutschland und Österreich gewährte. Als nach Jahren der Hauptlizenzvertrag zwischen dem Komponisten und dem Musikverlag (als Hauptlizenznehmer) einvernehmlich beendet worden war, bestand der Unterlizenznehmer auf der Weiterexistenz des Unterlizenzvertrages, was durch den BGH bestätigt wurde.

Schließlich fand diese Rechtsprechung noch durch die Entscheidung des BGH "M2Trade"[273] eine weitere Bestätigung. Auch hier wurde der Hauptlizenzvertrag (an einer Software) durch Beendigung des Softwareüberlassungsvertrages beendet. Zwar entfällt dadurch das Hauptnutzungsrecht, dies berühre aber nicht den Fortbestand der Unterlizenz. Im Unterschied zur "Take Five"-Entscheidung hatten Hauptlizenzgeber und Hauptlizenznehmer allerdings keine Regelung über die Lizenzgebühren in diesem Vertragsverhältnis getroffen. Denn die Weiterreichung der Lizenzen aus dem Unterlizenzverhältnis war ein wesentlicher Streitpunkt, der vom BGH bereicherungsrechtlich gelöst wurde (durch Herausgabe des Lizenzzahlungsanspruchs des Hauptlizenznehmers gegen den Unterlizenznehmer gem. § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB). Im Hinblick auf die Lizenzfestigkeit dieser Zahlungen heißt es dann, dass ein solcher Bereicherungsanspruch auch im Falle der Insolvenz des Hauptlizenznehmers bestünde, wenn der Insolvenzverwalter zwar die Nichterfüllung des Hauptlizenzvertrags wähle, zugleich aber den Unterlizenzvertrag erfülle. Der Bereicherungsanspruch sei gem. § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO als Masseverbindlichkeit zu qualifizieren.[274]

 

Rz. 206

 

Hinweis

Wenn also die Hauptlizenz nicht insolvenzfest ist, wohl aber die Unterlizenz in einem solchen Fall, dann könnte man Folgendes gestalten:

Lizenzgeber (LG) schließt mit einer Hauptlizenznehmer LN-GmbH einen (Haupt-)Lizenzvertrag. Diese LN-GmbH überlässt dann die Lizenz einem (Unter-)Lizenznehmer (ULN). Im Fall der Insolv...

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