EuGH zur aktuellen Plattform-Haftung für Urheberrechtsverstöße

Upload-Plattformen haben vor dem EuGH einen juristischen Erfolg erzielt. Das Gericht urteilte, dass die Betreiber nicht generell haften müssen, wenn Nutzer hier illegal urheberrechtlich geschütztes Material veröffentlichen. Doch schon in wenigen Wochen wird sich die Rechtslage wieder ändern.

Im Streit um die Haftung bei Urheberrechtsverstößen auf Upload-Plattformen wie Youtube und ähnlichen Angeboten hat jetzt der Europäische Gerichtshof eine Entscheidung getroffen, nach der die Betreiber solcher Dienste nicht unmittelbar für Verstöße der Nutzer haftbar gemacht werden können. Vielmehr gelten für die Plattformen bislang noch die Haftungsprivilegien aus der europäischen E-Commerce-Richtlinie.

Haftung der Plattformen entfällt unter bestimmten Voraussetzungen

Die Haftung entfällt allerdings auch nach Ansicht des EuGH nur unter bestimmten Bedingungen.

  • So dürfe der Plattform-Betreiber ausschließlich eine neutrale Rolle als Anbieter des Dienstes spielen, und keine Kenntnis oder Kontrolle über die gespeicherten Inhalte haben.
  • Sobald er allerdings Kenntnis von einer Rechtsverletzung bekomme, sei er verpflichtet, die beanstandeten Inhalte unverzüglich zu löschen bzw. den Zugriff auf diese Inhalte zu sperren.
  • Darüber hinaus müssen die Plattform-Betreiber geeignete technische Maßnahmen ergreifen, um Urheberrechtsverletzungen glaubwürdig und wirksam zu bekämpfen.
  • Schließlich dürfe eine Plattform die Verletzung von Urheberrechten auf keinen Fall fördern, indem etwa Hilfsmittel angeboten werden oder die Nutzer in anderer Form zu solchen illegalen Handlungen verleitet werden.

Zwei Urheberrechtsverletzungsfälle aus Deutschland

Konkret hatte der EuGH sich mit zwei Fällen aus Deutschland zu beschäftigen, die dem Gericht vom Bundesgerichtshof vorgelegt worden waren, weil das Urheberrecht wesentlich von europäischem Recht bestimmt wird. Konkret ging es um folgende Streitigkeiten:

  • Zum einen hatte ein Musikproduzent die Plattform Youtube verklagt, weil dort Material einer Sängerin illegal eingestellt worden war. In diesem Rechtsstreit hatten zuvor das Landgericht Hamburg und anschließend das dortige Oberlandesgericht unterschiedliche Urteile gefällt, sodass der Streit vor dem BGH landete.
  • Im anderen Rechtsstreit aus dem Jahr 2013 hatte ein Wissenschaftsverlag den Betreiber des Dienstes uploaded.net verklagt, weil auf dieser Sharehosting-Plattform mehrere urheberrechtlich geschützte Werke von den Nutzern hochgeladen und geteilt wurden.

Auf Grundlage der Entscheidungen des EuGH in den beiden Rechtssachen (C-682/18 und C-683/13), der dabei im Wesentlichen den Empfehlungen des Generalstaatsanwalts gefolgt ist, muss sich nun der BGH wieder mit den Fällen befassen.

Neues Urheberrecht kommt bereits im August

In beiden Fällen erfolgten die Entscheidungen des EuGH auf Grundlage des gültigen Urheberrechts, das mittlerweile jedoch reformiert wurde. Somit dürften diese Entscheidungen für künftige Zeiträume keine Auswirkungen mehr haben.

So sieht die 2019 beschlossene EU-Urheberrechtsreform explizit erweiterte Haftungsregeln für Plattformbetreiber vor. In Deutschland wurde die europäische Richtlinie etwa durch ein neues Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz umgesetzt, das im Mai vom Bundestag verabschiedet wurde und Anfang August 2021 in Kraft treten wird.

Nach dem neuen Gesetz müssten nun die Plattform-Betreiber für urheberrechtlich geschütztes Material Lizenzen bei den Rechtsinhabern besorgen oder sind andernfalls verpflichtet, diese Inhalte unverzüglich zu löschen.

Umstrittene Upload-Filter

Vor allem aber gelten nach der neuen Gesetzeslage künftig deutlich strengere Vorgaben zur Verhinderung der illegalen Verbreitung urheberrechtlich geschützten Materials. Rechteinhaber können verlangen, dass Maßnahmen ergriffen werden, die illegale Uploads von vornherein blockieren, was im Grunde nur durch effektive Upload-Filter möglich ist.

Diese Upload-Filter stehen jedoch in der  Kritik, weil sie etwa auch Meinungs- und Kunstfreiheit weitgehend einschränken können. Um diese negativen Folgen der automatisierten Filterung zumindest abzumildern, sind im Gesetz Ausnahmen in einem sehr begrenzten Rahmen vorgesehen, etwa um auch weiterhin Zitate, Parodien oder Pastiches zu ermöglichen. Kritikern reichen diese Ausnahmen jedoch bei weitem nicht aus.

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Im Zentrum der deutschen Reform zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsreformsteht steht das neue Urheberrechtsdiensteanbietergesetz (UrhDaG). Das Gesetz begründet die urheberrechtliche Verantwortlichkeit der Upload-Plattformen für sämtliche Inhalte, die sie den Usern zugänglich machen, § 1 UrhDaG. Die Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke setzt damit grundsätzlich den Erwerb einer Lizenz voraus.

Auf das bisherige Haftungsprivileg der Host-Provider gemäß § 10 Satz 1 TMG können sich die Diensteanbieter nach § 1 Abs. 3 UrhDaG künftig nicht mehr berufen. Das UrhDaG statuiert die Eigenverantwortung der Plattformen dafür, dass nicht gesetzlich erlaubte oder lizenzierte Inhalte nicht verfügbar sein dürfen („Take down and stay down“). Ohne die Verwendung der in der Kritik der User stehenden Upload-Filter ("Stichwort: "Zensur") wird es danach wohl kaum gehen. 

Diensteanbieter müssen sich um Lizenzen bemühen

Gemäß § 4 UrhDaG tritt eine Enthaftung des Diensteanbieters ein, wenn er die bestmöglichen zumutbaren Anstrengungen unternimmt, die vertraglichen Nutzungsrechte für die öffentliche Wiedergabe zu erlangen. Dabei dürfen die Anforderungen an die bestmöglichen Anstrengungen nicht unverhältnismäßig hoch sein. Im Ergebnis sind Diensteanbieter verpflichtet, Nutzungsrechte zu erwerben, sofern diese angeboten werden und von sogenannten repräsentativen Rechtsinhabern verfügbar sind (z.B. von inländischen Verwertungsgesellschaften).

Schlagworte zum Thema:  EuGH, Urheberrecht