Rz. 86

Spricht man von Nutzungsrechten, so denkt man vorrangig an die vermögensrechtliche Seite des Urheberrechts, namentlich an die dem Urheber zugewiesenen Verwertungsrechte des § 15 UrhG. Diese sind sicher der Hauptanwendungsbereich. Allerdings kann es Situationen geben, in denen auch die Ausübung von Persönlichkeitsrechten zur "Nutzung" überlassen werden soll. In der Praxis wird dies immer dann von Bedeutung sein, wenn im Zusammenhang mit der Wahrnehmung von vermögensrechtlichen Nutzungsrechten auch urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse übertragen werden müssen. Während etwa das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht der vermögensrechtlichen Seite des Urheberrechts zugeschlagen wird, ist das Recht zur Veröffentlichung als Ausdruck des Urheberpersönlichkeitsrechts in der Praxis kaum hiervon zu trennen und wird ebenfalls zur gebundenen Ausübung übertragen. Ähnlich verhält es sich mit dem Aufführungsrecht des Lizenznehmers, das sinnvoll nur mit dem Urheberpersönlichkeitsrecht der Werkänderung ausgeübt werden kann.[128] Weiter stellt sich die Frage, ob der Urheber die Ansprüche aus der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts Dritten, z.B. Bühnenverlagen, oder Verwertungsgesellschaften zur Wahrnehmung überlassen kann. Nach heute h.M. wird eine Überlassung zur Ausübung für zulässig gehalten.[129] In der gerichtlichen Praxis wird von einer gewillkürten Prozessstandschaft auszugehen sein.[130]

 

Rz. 87

Es war bereits darauf hingewiesen worden, dass die Nutzungsrechte nicht mit den Verwertungsrechten des Urhebers verwechselt werden dürfen (siehe § 2 Rdn 183). Sie sind auch nicht mit den verschiedenen Ausprägungen der Verwertungsrechte deckungsgleich, sondern tragen ein eigenes Schicksal. Eine Zuordnung kann nur insofern erfolgen, als die Nutzungsrechte eher verwertungsrechtsbezogen sind.[131]

[128] Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn 703 ff.
[129] BGH v. 20.3.1968 – I ZR 44/66, BGHZ 50, 133, 137 (Mephisto); BGH v. 29.4.1970 – I ZR 30/69, GRUR 1971, 35, 37 (Maske in blau).
[130] Obwohl nach § 399 Alt. 1 BGB eine Forderungsabtretung hier gerade nicht möglich ist; die hier gewählte Lösung über eine aus § 185 BGB abgeleitete Ermächtigung zu verfügungsähnlichen Handlungen hat den Vorteil, dass neben dem Prozessstandschafter auch der Urheber Träger des Persönlichkeitsrechts bleibt, also seine Rechte notfalls auch gegen den Willen des Dritten durchsetzen kann. Der Dritte erhält anders als ein Lizenznehmer hier im Verhältnis zum Rechtsträger keine eigene Rechtspositionen; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn 918; anders dagegen BGH v. 14.10.1986 – VI ZR 10/86, GRUR 1987, 128, 129 (Nena).
[131] Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rn 654 ff.

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