Rz. 368

Ist unklar oder streitig, ob der Betriebsrat der personellen Maßnahme innerhalb der Wochenfrist ordnungsgemäß widersprochen hat, so sollte dies bei der Antragstellung berücksichtigt werden. Der Arbeitgeber kann dann die Feststellung beantragen, dass die Zustimmung des Betriebsrats als erteilt gilt.[868] Hilfsweise beantragt er, erstens die Zustimmung des Betriebsrats durch das Arbeitsgericht zu ersetzen und zweitens festzustellen, dass die vorläufige personelle Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Stellt das Arbeitsgericht fest, dass die Zustimmung des Betriebsrats als erteilt gilt, kommt es auf die Hilfsanträge nicht an, diese werden nicht beschieden. Aber auch wenn der Arbeitgeber den Feststellungsantrag nicht stellt, hat das Arbeitsgericht dann, wenn kein ordnungsgemäßer Widerspruch des Betriebsrats gegen die personelle Maßnahme vorliegt, die Feststellung auszusprechen, dass die Zustimmung als erteilt gilt.[869]

Über die Anträge auf Zustimmungsersetzung und auf Feststellung der besonderen Dringlichkeit der vorläufigen personellen Maßnahme entscheidet das Arbeitsgericht üblicherweise zusammen.[870] Eine Vorabentscheidung über die Dringlichkeit der Maßnahme kommt so gut wie nie vor. Für das Arbeitsgericht gibt es die folgenden vier Entscheidungsvarianten:[871]

Das Arbeitsgericht ersetzt die Zustimmung des Betriebsrats zu der personellen Maßnahme und stellt auch fest, dass die vorläufige personelle Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Der Arbeitgeber gewinnt also in vollem Umfang.
Das Arbeitsgericht ersetzt die Zustimmung des Betriebsrats zu der personellen Maßnahme und stellt fest, dass die vorläufige personelle Maßnahme aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war. Hinsichtlich der vorläufigen personellen Maßnahme wird das Verfahren dann aber gemäß § 83a Abs. 2 ArbGG eingestellt.[872] Denn es steht ja fest, dass die Zustimmung ersetzt ist. Anders ist es nur, wenn das Arbeitsgericht ausnahmsweise vorab über den Feststellungsantrag entscheidet.
Das Arbeitsgericht ersetzt die Zustimmung des Betriebsrats zu der personellen Maßnahme nicht, stellt aber die Dringlichkeit der vorläufigen personellen Maßnahme fest. Steht fest, dass die Zustimmung rechtskräftig nicht ersetzt wird, so ist auch hier hinsichtlich der vorläufigen Maßnahme das Verfahren gemäß § 83a Abs. 2 ArbGG einzustellen.[873]
Das Arbeitsgericht ersetzt die Zustimmung des Betriebsrats zu der personellen Maßnahme nicht und stellt fest, dass die vorläufige personelle Maßnahme aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war. Hier gewinnt also der Betriebsrat in vollem Umfang.
[868] BAG 18.10.1988 – 1 ABR 33/87, NZA 1989, 355; LAG München 4.4.2008 – 3 TaBV 139/07, BeckRS 2009, 67672; ErfK/Kania, § 99 BetrVG Rn 43; Jäger u.a./Lunk, § 24 Rn 115; Gross u.a./Woitaschek, § 99 BetrVG Rn 40.
[869] BAG 18.10.1988 – 1 ABR 33/87, NZA 1989, 355; ErfK/Kania, § 99 BetrVG Rn 43; a.M. aber LAG München 4.4.2008 – 3 TaBV 139/07, BeckRS 2009, 67672.
[870] Jäger u.a./Lunk, § 24 Rn 145.
[871] Vgl. auch NK-GA/Preuss, § 100 BetrVG Rn 45 ff.
[872] BAG 11.10.2016 – 1 ABR 49/14, NZA 2017, 13; BAG 26.10.2004 – 1 ABR 45/03, NZA 2005, 535; GK-BetrVG/Raab, § 100 Rn 42; NK-GA/Preuss, § 100 BetrVG Rn 48; a.A. Fitting u.a., § 100 Rn 15; DKW/Bachner, § 100 Rn 35.
[873] Gross u.a./Woitaschek, § 100 BetrVG Rn 11.

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