Rz. 649

Ob der Betriebsrat mit einem Antrag auf Unterlassung einer Betriebsänderung im einstweiligen Verfügungsverfahren Erfolg hat, hängt stark davon ab, in welchem Gerichtsbezirk der Betrieb liegt, in dem die Betriebsänderung vorgenommen werden soll. Es besteht ein sog. "Nord-Süd-Gefälle": Während die Landesarbeitsgerichte im "Norden" (z.B. Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamm, Thüringen, Hessen) einen Unterlassungsanspruch zuerkennen, lehnen ihn die Gerichte im "Süden" (z.B. Baden-Württemberg, Nürnberg, München – bis auf die 6. Kammer des LAG München –, Düsseldorf, Köln, Rheinland-Pfalz) eher ab. Dieses "Gefälle" ist zwar nicht immer "stabil", da einzelne Landesarbeitsgerichte (oder zumindest einzelne Kammern) im Hinblick auf europarechtliche Argumente ihre früher gefestigte Rechtsprechung aufgeben und einen Unterlassungsanspruch anerkennen. Trotzdem kann man nicht von einer "Trendwende" sprechen (zum Ganzen mit Rechtsprechungsübersicht vgl. § 2 Rdn 968 ff.). Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist noch uneinheitlicher und differiert teilweise innerhalb eines Gerichts von Kammer zu Kammer.

 

Praxishinweis

Der Unternehmer sollte sich also bei einer Betriebsänderung stets darüber informieren, wie das für ihn zuständige Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht im Hinblick auf einen Unterlassungsanspruch des Betriebsrates entscheidet.

 

Rz. 650

Hat der Arbeitgeber die geplante Betriebsänderung allerdings bereits vollständig umgesetzt und damit einen irreversiblen Zustand geschaffen, sind die Verhandlungen über einen Interessenausgleich gegenstandslos und können auch nicht mehr nachgeholt werden. Ein etwaiger Unterlassungsantrag des Betriebsrats wird dann wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses/Verfügungsgrundes abgewiesen, da es keinen Verhandlungsanspruch mehr gibt, der im Wege der einstweiligen Verfügung gesichert werden könnte.[1387]

[1387] LAG Hessen 13.3.2018 – 4 TaBVGa 32/18, juris; LAG Rheinland-Pfalz 2.10.2014 – 3 TaBVGa 5/14, juris und LAG Rheinland-Pfalz 26.1.2011 – 7 TaBVGa 4/10, juris; LAG Berlin-Brandenburg 19.6.2014 – 7 TaBVGa 1219/14, juris; DKKW/Däubler, §§ 112, 112a BetrVG Rn 12, 57; Fitting u.a., §§ 112, 112a BetrVG Rn 11.

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