aa) Grober Verstoß

 

Rz. 339

Der Anspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG setzt voraus, dass der Arbeitgeber bereits einen groben Verstoß begangen hat. Die bloße Besorgnis, der Arbeitgeber werde gegen seine Pflichten grob verstoßen, reicht nicht aus.[804]

 

Rz. 340

Ein Pflichtverstoß ist nach ständiger BAG-Rechtsprechung grob, wenn er "objektiv erheblich und offensichtlich schwerwiegend" ist.[805] Mit dieser Formel ist eine objektive und eine subjektive Komponente angesprochen. Die Schwere des Verstoßes muss für den Arbeitgeber erkennbar sein; ein Verschulden ist aber nicht nötig.[806]

Auch eine einmalige Pflichtverletzung kann einen groben Verstoß darstellen, wenn sie schwerwiegend ist.[807]

Ein grober Verstoß liegt nicht vor, wenn der Arbeitgeber in einer schwierigen und ungeklärten Rechtsfrage eine bestimmte Meinung vertritt.[808]

Auch leichtere Verstöße können bei Wiederholung zu einem groben Verstoß führen; ein grober Verstoß ist regelmäßig dann zu bejahen, wenn der Arbeitgeber mehrmals erzwingbare Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats übergangen hat.[809]

 

Rz. 341

Der grobe Verstoß des Arbeitgebers muss einen kollektiven Tatbestand berühren. So scheiden Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei individuellen Maßnahmen ohne kollektiven Bezug aus. Ein kollektiver Tatbestand liegt aber regelmäßig dann vor, wenn sich eine Regelungsfrage stellt, die kollektive Interessen der Arbeitnehmer berührt.[810]

[804] Fitting u.a., § 23 BetrVG Rn 73; Pohl, 991; a.M. GK-BetrVG/Oetker, § 23 Rn 237.
[805] Ständige Rechtsprechung; siehe insbesondere BAG 29.2.2000 – 1 ABR 4/99, AP Nr. 105 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung; BAG 7.2.2012 – 1 ABR 77/10, NZA-RR 2012, 359.
[806] Ständige Rechtsprechung, u.a. BAG 18.3.2014 – 1 ABR 77/12, NZA 2014, 987, Rn 15; Richardi/Thüsing, § 23 BetrVG Rn 97.
[809] BAG 18.4.1985 – 6 ABR 19/84, AP Nr. 5 zu § 23 BetrVG 1972; BAG 16.7.1991 – 1 ABR 69/90, AP Nr. 44 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Fitting u.a., § 23 BetrVG Rn 62; DKK/Trittin, § 23 Rn 203.
[810] BAG 27.11.1990 – 1 ABR 77/89, AP Nr. 41 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; BAG 16.7.1991 – 1 ABR 69/90, AP Nr. 44 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit.

bb) Globalantrag

 

Rz. 342

Unter diesem Stichwort werden Anträge erfasst, die zu weit gefasst sind, die also bspw. bei Unterlassungsanträgen auch Fallgestaltungen erfassen, die nicht betriebsverfassungswidrig sind. Ein Globalantrag, mit dem die Unterlassung einer bestimmten Handlung für viele denkbare Fallgestaltungen begehrt wird, ist nur dann begründet, wenn die Unterlassung für alle erfassten Fallgestaltungen verlangt werden kann. Ist die Voraussetzung auch nur teilweise nicht erfüllt, ist der Antrag im Ganzen als unbegründet abzuweisen,[811] soweit nicht dem Antrag selbst verschiedene Teilziele zu entnehmen sind.

[811] BAG 6.12.1994 – 1 ABR 30/94, AP Nr. 24 zu § 23 BetrVG 1972.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge