Rz. 9

Die Bearbeitung eingehender Ersuchen um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe obliegt gem. § 1078 Abs. 1 ZPO dem nach deutschem Recht zuständigen Prozess- bzw. Vollstreckungsgericht.

Die Eintragungen in die Standardformulare und die Anlagen zu den Ersuchen müssen in deutscher Sprache abgefasst bzw. in die deutsche Sprache übersetzt sein (§ 1078 Abs. 1 S. 2 ZPO). Das Formblatt[8] für die Übermittlung eines Antrags auf Prozesskostenhilfe sieht die Erteilung einer Empfangsbestätigung vor.

Das zuständige Gericht entscheidet nach Maßgabe der §§ 114116 ZPO über das Ersuchen und übersendet der Übermittlungsstelle eine Abschrift seiner Entscheidung (§ 1078 Abs. 2 ZPO). Der Antragsteller ist gem. Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie über die Bearbeitung des Antrags zu unterrichten.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgt zwar für jeden Rechtszug gesondert, nach § 1078 Abs. 4 S. 1 ZPO gilt im Falle einmal bewilligter Prozesskostenhilfe jedoch auch für jeden weiteren Rechtszug ein neuerliches Ersuchen als gestellt.

Soweit die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts begründet ist, entscheidet der Rechtspfleger über eingehende Ersuchen um Bewilligung grenzüberschreitender Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung. Er ist hier gemäß den allgemeinen Regeln zuständig. Hiervon ausgenommen sind Fälle, in denen Prozesskostenhilfe für eine Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung beantragt wird, die eine richterliche Handlung erfordert (§ 20 Nr. 6 RpflG).

Für eingehende Ersuchen um grenzüberschreitende Beratungshilfe ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk ein Bedürfnis für Beratungshilfe auftritt (§ 10 Abs. 4 BerHG). Die funktionelle Zuständigkeit obliegt insoweit dem Rechtspfleger (§ 24a Abs. 1 Nr. 1 RpflG).

 

Rz. 10

Die Richtlinie findet auf grenzüberschreitende Zivilsachen Anwendung, bei denen der Antragsteller auf Prozesskostenhilfe seinen Wohnsitz nicht in dem Mitgliedstaat hat, in dem das Verfahren stattfinden oder die gerichtliche Entscheidung vollstreckt werden wird.

 

Rz. 11

In der Richtlinie wird der Grundsatz aufgestellt, dass Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, um ihre Rechte vor Gericht geltend zu machen, Anspruch auf eine angemessene Prozesskostenhilfe haben. Danach werden in Art. 3 Leistungen aufgeführt, die für eine angemessene Prozesskostenhilfe erforderlich sind:

vorprozessuale Rechtsberatung
Rechtsbeistand und rechtliche Vertretung vor Gericht durch einen Rechtsanwalt
Befreiung von den Gerichtskosten und den mit dem grenzüberschreitenden Charakter des Rechtsstreits verbundenen Kosten.
 

Rz. 12

Ferner werden in der Richtlinie 2002/8/EG darüber hinaus, insbesondere in Art. 5, die Voraussetzungen für die finanziellen Verhältnisse des Antragstellers und die Begründetheit der Streitsache genannt, die von den Mitgliedstaaten verlangt werden können, damit ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe besteht. Jedoch erfolgt die gesamte Bewertung der Voraussetzungen von der jeweils zuständigen Behörde des Mitgliedsstaats gesondert. Der Mitgliedsstaat ist berechtigt, entsprechende Schwellenwerte festzusetzen. Zudem ist vorgesehen, dass die Prozesskostenhilfe unter bestimmten Bedingungen auch für alternative Verfahren der Streitbeilegung zu gewähren ist.

 

Rz. 13

In der Richtlinie werden schließlich bestimmte Verfahren der justiziellen Zusammenarbeit zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten aufgeführt, mit denen die Übermittlung und Bearbeitung von Anträgen auf Prozesskostenhilfe erleichtert werden soll. Es ist insbesondere vorgesehen, dass der Antrag auf Prozesskostenhilfe bei der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats gestellt werden kann, in dem der Antragsteller seinen Wohnsitz hat. Diese Behörde übermittelt den Antrag danach ohne Verrechnung eines Entgelts rasch an die zuständige Behörde des Staates, in dem die Prozesskostenhilfe gewährt wird.

[8] Muster s. Rdn 341.

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