Rz. 54

Die Partei hat gem. § 115 Abs. 1 ZPO ihr Einkommen einzusetzen, soweit es ihr zumutbar ist.[96]

 

Rz. 55

Einzusetzen sind alle Einkünfte – gleichgültig ob aus selbstständiger oder nicht selbstständiger Arbeit – in Geld oder in Geldeswert (z.B. freie Unterkunft und Verpflegung,[97] Deputate, sonstige Sachbezüge,[98] Taschengeld des Ehegatten[99]), unabhängig davon, woher sie stammen, welcher Art sie sind und ob sie steuerpflichtig oder unpfändbar sind. Hierzu zählen auch fiktive Einkünfte, wenn die antragstellende Partei nicht arbeitet, obwohl sie arbeiten könnte.[100] Zu beachten ist, dass sich das Einkommen grundsätzlich am persönlichen Bedarf der Partei zu orientieren hat. Insofern muss eine Gleichartigkeit von Einkommen und Bedarf sowie zwischen Bedarfs- und Leistungszeitraum vorliegen.[101]

 

Rz. 56

Einkommen in diesem Sinne schließt auch Sozialhilfeleistungen nach dem SGB[102] ein wie z.B. Blindenhilfe,[103] Leistungen nach dem SGB II. Dazu gehört auch der Mehrbedarfszuschlag für Alleinerziehende.[104] Maßgeblich ist stets das monatliche Einkommen, wobei wöchentliche Einnahmen mit dem Faktor 4 1/3 zu multiplizieren sind. Hingegen werden bei einmaligen Leistungen wie z.B. Urlaubs- und Weihnachtsgeld jeweils die auf den Monat entsprechenden Beträge angerechnet.[105]

 

Rz. 57

Streitig ist, ob Kindergeld zum Einkommen zählt und somit einzusetzen ist. Da Kindergeld gem. § 299 S. 1 SGB VI nicht zu einer Minderung anderer Sozialleistungen führt und diese Leistung letztendlich dem Berechtigten ohne Einschränkungen zugutekommen soll, ist der zustimmenden Ansicht zuzustimmen.[106] Kindergeld, das die um PKH nachsuchende Partei bezieht, ist als deren Einkommen i.S.d. § 115 Abs. 1 S. 2 ZPO zu berücksichtigen, soweit es nicht zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts eines minderjährigen Kindes zu verwenden ist.[107]

Nach § 115 Abs. 1 S. 2 ZPO gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Diese Definition stimmt wörtlich mit der entsprechenden Bestimmung des § 82 Abs. 1 SGB XII überein. Auch hinsichtlich der vom Einkommen vorzunehmenden Abzüge wird in § 115 Abs. 1 Nr. 1a ZPO auf § 82 Abs. 2 SGB XII verwiesen. Daraus wird deutlich, dass der Einkommensbegriff des § 115 Abs. 1 ZPO an denjenigen des Sozialhilferechts anknüpft. Dies erklärt sich auch daraus, dass Prozesskostenhilfe eine Form der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege darstellt. Für die Bemessung der Prozesskostenhilfe finden daher die sozialrechtlichen und nicht unterhalts- oder steuerrechtlichen Regeln der Einkommensermittlung Anwendung.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist Kindergeld grundsätzlich sozialhilferechtlich anrechenbares Einkommen. Das gilt auch nach der steuerrechtlichen Regelung des Kindergeldes in §§ 62 ff. EStG und nach dem Bundeskindergeldgesetz.[108] Diese Beurteilung war durch die seit dem 1.1.2000 vorgeschriebene Absetzung des Kinderfreibetrages vom Einkommen (§ 76 Abs. 2 Nr. 5 BSHG) bestätigt worden, durch die der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht hatte, dass das Kindergeld grundsätzlich zum Einkommen gehören sollte.[109]

Die gesetzgeberische Bewertung hat inzwischen in eingeschränktem Umfang eine Änderung erfahren. Nach § 82 Abs. 1 S. 2 SGB XII ist bei Minderjährigen das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts benötigt wird. Nur in Höhe des darüber hinausgehenden Betrages ist Kindergeld demzufolge Einkommen der Eltern, und zwar aus sozialhilferechtlicher Sicht, die mit der unterhaltsrechtlichen nicht deckungsgleich ist, desjenigen Anspruchsberechtigten, dem es gem. § 64 EStG, § 3 BKGG zufließt. Diese Zurechnung des Kindergeldes beim minderjährigen Kind, das typischerweise in einem gemeinsam wirtschaftenden Familienhaushalt lebt, hat zum Ziel, die Sozialhilfebedürftigkeit möglichst vieler Kinder zu beseitigen.[110]

Der vorgenannten gesetzlichen Änderung kommt wegen der Bezogenheit des Einkommensbegriffs des § 115 Abs. 1 ZPO auf denjenigen des Sozialhilferechts auch für die Prüfung der wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe Bedeutung zu. Kindergeld ist danach lediglich insoweit zum Einkommen eines Elternteils zu rechnen, als es nicht zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts eines minderjährigen Kindes zu verwenden ist. Anders stellt sich die Rechtslage für den Fall des Kindergeldes des erwachsenen Kindes dar. Dieses ist dem Einkommen des Kindes hinzuzurechnen und grundsätzlich nicht bei der Berechnung des Proesskostenhilfeanspruchs des Elternteils zu berücksichtigen. Der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts (außerhalb von Einrichtungen) mit Ausnahme von Leistungen für Unterkunft und Heizung sowie Sonderbedarf nach den §§ 3034 SGB XII wird nach Regelsätzen erbracht (§ 28 Abs. 1 S. 1 SGB XII). Die Landesregierungen setzen durch Rechtsverordnung zum 1.7. eines jeden Jahres die Höhe der monatlichen Regelsätze im Rahmen der Rechtsverordnung nach § 40 SGB XII fest (§ 28 Abs. 2 S. 1 ...

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