Rz. 54

Eine Patientenverfügung kann nur von einem volljährigen einwilligungsfähigen Menschen errichtet werden. Einwilligungsfähig ist, wer Grund, Wesen, Bedeutung und Tragweite des ärztlichen Handelns in deren Grundzügen zu erkennen vermag. Davon sind umfasst:

man kann sinnlich und intellektuell die Tatsachen erfassen, die die eigene individuelle Situation prägen
man kann die Existenz der Erkrankung/Behinderung mit dem daraus folgenden Regelungsbedarf und -bedürftigkeit erkennen
man kann die Tatsachen in ihrer Wirkung verstehen und prognostisch beurteilen.

Die Anforderungen dürfen nicht zu hoch angesiedelt werden. Deshalb gibt es Patientenverfügungen für behinderte oder unter Betreuung stehende Menschen in leichter Sprache.[82]

 

Rz. 55

Bei der Errichtung von Patientenverfügungen besteht ein wesentliches Problem in der Frage, ob für volljährige, aber geistig behinderte oder sonst gehandicapte Menschen durch deren Betreuer eine Patientenverfügung errichtet werden kann.

In der Praxis von stationären Einrichtungen erhalten Betreuer gelegentlich Formularmaterial, mit dem sie aufgefordert werden, Patientenverfügungen mit ihren Betreuten zu errichten. Das ist möglich, denn grundsätzlich führt die Betreuung nicht zur Geschäftsunfähigkeit, ja nicht einmal zur Einwilligungsunfähigkeit. Art. 2 Abs. 2 UN-BRK garantiert behinderten Menschen das Recht, ebenso wie Menschen ohne Behinderung für den Fall ihrer Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festzulegen, ob sie in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen ihres Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligen oder diese versagen wollen.

 

Hinweis

Ein behinderter, aber nicht einwilligungsfähiger Mensch kann keine Patientenverfügung im klassischen Sinn errichten.[83] Eine Stellvertretung bei der Errichtung ist unzulässig. Die Patientenverfügung ist eine höchstpersönliche Erklärung.[84]

[82] Z.B.: www.saarland.de/dokumente/thema_soziales/Patientenverfuegung_LS_END.pdf.
[83] Bienwald, BtPrax 2013, 145 f.
[84] DNotI-report, Errichtung einer Patientenverfügung durch Eltern für ihr geistig behindertes Kind; Zulässigkeit der Stellvertretung, 2013, 51 ff.

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