Rz. 132

Die Hauptfunktion der Lunge ist es, Sauerstoff zuzuführen und Kohlendioxid abzuatmen. Damit wird der Gastaustausch gesichert. Dazu stehen zwei unterschiedliche Funktionsbereiche zur Verfügung, nämlich das Lungengewebe (Lungenparenchym) und die Atemmuskulatur. Eine lebensbedrohliche Störung des Lungenparenchyms führt im Wesentlichen zu einer Störung der Sauerstoffversorgung des Organismus (hypoxische Insuffizienz). Eine Überlastung der Atemmuskulatur oder eine neurologische Erkrankung mit einer Störung der Atmungsmuskelfunktion können zum Atmungsversagen führen. Der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt und CO2 kann nicht ausreichend abgeatmet werden (hyperkapnische Insuffizienz).[166]

 

Rz. 133

Zur Behandlung des Lungen- bzw. Atmungsversagens stehen

die invasive Beatmung mit dem Tubus in der Luftröhre als Beatmungszugang
die nicht-invasive (NIV) Beatmung über eine Nasen- bzw. eine Nasen-Mundmaske

zur Verfügung. Die invasive Beatmung erfordert eine tiefe Narkose, da nur so der Tubus in der Luftröhre toleriert wird.[167] Die nicht invasive Beatmung erfordert deutlich weniger sedierende Medikamente. Während der Maskenbeatmung bleiben das Bewusstsein und die Kommunikationsfähigkeit erhalten. Die Maske kann zumindest zeitweise abgenommen werden.[168] Der Patient kann nach seiner aktuellen Entscheidung gefragt werden. Eine Patientenverfügung kann insoweit überflüssig werden. Die intensive Auseinandersetzung mit einer dauerhaften Maskenbeatmung wird aber empfohlen:

"Patienten mit häuslicher Maskenbeatmung, die mit hoher Wahrscheinlichkeit infolge des Fortschreitens der Erkrankung in absehbarer Zeit dauerhaft beatmungspflichtig werden, sollten in der Patientenverfügung frühzeitig entscheiden, ob sie bei kontinuierlicher Maskenbeatmung mit Komplikationen die Beendigung der Beatmung, d.h. Sterbebegleitung wünschen, oder die Langzeitbeatmung über Tracheostoma fortgesetzt werden soll."[169]

 

Rz. 134

Die Frage, ob und welche Form der Beatmung in Betracht kommt, hängt u.a. davon ab, ob die Beatmung eine Intervention am Ende einer fortschreitenden Grunderkrankung ist.[170] Für akute Erkrankungen, die umkehrbar sind, werden alle Formen der Beatmung genutzt. Einschränkende Empfehlungen für Patientenverfügungen gibt es nicht.[171] Für chronische Erkrankungen sieht das anders aus. Die Medizin empfiehlt, sich für den Fall einer chronischen Lungenerkrankung oder einer neuromuskulären Erkrankung mit Beteiligung der Atemmuskulatur intensiv mit dem Thema Langzeitbeatmung über Tracheostoma zu beschäftigen:

"bei Patienten mit Lungenversagen infolge fortgeschrittener Lungenfibrose sollte auf eine invasive Beatmung verzichtet werden, da fast immer eine ausweglose Langzeitbeatmung droht"[172]
"Entspricht die Tracheotomie dann nicht dem erklärten Willen des Patienten, muss das in der Patientenverfügung klar zum Ausdruck kommen."[173]
 

Rz. 135

Muster 3.15: Beatmung

 

Muster 3.15: Beatmung

In den oben beschriebenen Situationen/alternativ: In folgenden Situationen wünsche ich

eine Beatmung, falls dies mein Leben verlängern kann.

alternativ:

dass keine künstliche Beatmung durchgeführt bzw. eine schon eingeleitete Beatmung eingestellt wird, unter der Voraussetzung, dass ich Medikamente zur Linderung der Luftnot erhalte. Die Möglichkeit einer Bewusstseinsdämpfung oder einer ungewollten Verkürzung meiner Lebenszeit durch diese Medikamente nehme ich in Kauf.

oder:

Einer Sauerstoffversorgung mit einer Nasenbrille oder einer Teil-/Vollmaske stimme ich zu, andere Beatmungsformen lehne ich ab.
[166] May/Kreß/Verrel/Wagner/Schönhofer/Köhler, Patientenverfügung, 2016, 225, 228.
[167] May/Kreß/Verrel/Wagner/Schönhofer/Köhler, Patientenverfügung, 2016, 225 f.
[168] May/Kreß/Verrel/Wagner/Schönhofer/Köhler, Patientenverfügung, 2016, 225, 231.
[169] May/Kreß/Verrel/Wagner/Schönhofer/Köhler, Patientenverfügung, 2016, 225, 233.
[170] May/Kreß/Verrel/Wagner/Schönhofer/Köhler, Patientenverfügung, 2016, 225, 226.
[171] May/Kreß/Verrel/Wagner/Schönhofer/Köhler, Patientenverfügung, 2016, 225, 228.
[172] May/Kreß/Verrel/Wagner/Schönhofer/Köhler, Patientenverfügung, 2016, 225, 229.
[173] May/Kreß/Verrel/Wagner/Schönhofer/Köhler, Patientenverfügung, 2016, 225, 232.

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