Rz. 821

Wird die gerichtliche Durchsetzung des Befreiungsanspruchs betrieben, muss ein entsprechender Antrag dem Bestimmtheitserfordernis gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügen. Das bedeutet, aus einem auf Befreiung gerichteten Antrag muss die betreffende Höhe der Zahlungsverpflichtung eindeutig hervorgehen.[676] So sollte bei einem Bankdarlehen die ursprüngliche sowie aktuelle Höhe des Darlehens, der Name der Bank sowie die Vertrags- bzw. Kontonummer unter Angabe des Datums des Vertragsabschlusses angegeben werden.[677]

 

Rz. 822

Dem Wortlaut des § 257 BGB zufolge kann lediglich die "Befreiung von einer Verbindlichkeit” verlangt werden kann. Dabei bleibt es gem. § 257 BGB zunächst dem Schuldner des Befreiungsanspruchs überlassen, in welcher Weise er die Befreiung erreichen will. Er kann beispielsweise mit seinem Gläubiger einen Erlassvertrag über die Schuld schließen, er kann die "Hauptschuld” erfüllen oder seinem Gläubiger eine andere Sicherheit stellen.""

 

Rz. 823

Zahlung an den Gläubiger kann grundsätzlich nicht verlangt werden.

 

Rz. 824

Von diesem Grundsatz lässt die Rechtsprechung jedoch Ausnahmen zu. Ist die Inanspruchnahme des Befreiungsgläubigers durch den Sicherungsgeber mit Sicherheit zu erwarten, so kann er im Rahmen des Befreiungsanspruchs ausnahmsweise auch die Zahlung an den Gläubiger verlangen.[678]

 

Rz. 825

Der Befreiungsgläubiger ist für solche Umstände darlegungs- und beweispflichtig, aus denen sich eine von der Regel des § 426 Abs. 1 S. 1 BGB abweichende Bestimmung ergibt.[679] Für Einwendungen gem. § 242 BGB oder die Anwendung des Rücksichtnahmegebots gem. § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB trägt der Befreiungsschuldner die Darlegungs- und Beweislast.[680]

 

Rz. 826

Befreiungsansprüche nach Auftragsrecht unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist gem. § 195 BGB. Für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist ist nicht auf den Schluss des Jahres abzustellen, in dem der Befreiungsanspruch fällig geworden ist, sondern auf den Schluss des Jahres, in dem die Drittforderungen fällig werden, von denen zu befreien ist.[681]

 

Rz. 827

Sachlich zuständig für die Bearbeitung des Verfahrens ist das Familiengericht gem. § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG. Es handelt sich um eine "sonstige Familiensache" zwischen ehemals miteinander verheirateten Beteiligten im Zusammenhang mit der Trennung und Scheidung, für die keine besondere Zuständigkeit des Arbeits- oder Zivilgerichts gegeben ist und die auch nicht das Wohnungseigentums- oder das Erbrecht betreffen.[682]

 

Rz. 828

Die Vollstreckung eines titulierten Befreiungsanspruchs erfolgt gem. §§ 120 Abs. 1 FamFG, 887 ZPO. Es handelt sich um eine vertretbare Handlung. Gem. § 887 Abs. 2 ZPO kann der Antragsteller im Wege der Vorauszahlung den zur Tilgung der Verbindlichkeiten erforderlichen Geldbetrag sowie ggf. den mit der Freistellung verbundenen weiteren Aufwand.

 

Rz. 829

 

Hinweis

Trotz der gegebenen Rechtslage sollte der Befreiungsanspruch mit besonderem Augenmaß geltend gemacht werden. Eine Abwägung im Einzelfall ist dringend erforderlich. Beispielsweise führt im Falle der Vollfinanzierung einer Ehewohnung die Trennung der Ehegatten häufig zur fehlenden Leistungsfähigkeit des Vollstreckungsschuldners. Wird sodann ein auf die Befreiung gerichteter Titel gem. § 887 ZPO vollstreckt, führt dies zu einer Vorauszahlung in Höhe des Befreiungsanspruchs. Bei mangelnder Leistungsfähigkeit des Vollstreckungsschuldners kommt es sodann zur Zwangsversteigerung der Ehewohnung, was mit einem wirtschaftlichen Verlust für beide Ehegatten verbunden sein kann. Ein freihändiger Verkauf führt nämlich grundsätzlich zu einem besseren wirtschaftlichen Ergebnis.

[676] OLG Saarbrücken, Beschl. v. 8.6.1998 – 9 W 148/98, FamRZ 1998, 110.
[677] Gerhards, FamRZ 2006, 1793, 1799.
[678] OLG Schleswig, Urt. v. 23.4.1998 – 13 U 6/97, OLGR Schleswig 1998, 217.
[679] BGH, Urt. v. 30.9.1987 – IV ZR 94/86, FamRZ 1987, 1239.
[680] Gerhards, FamRZ 2006, 1793, 1799.

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