Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesamtschuldnerausgleich unter Ehegatten, § 426 Abs. 1 S. 1 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Grundregel des § 426 Abs. 1 S. 1 BGB, nach welcher Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu gleichen Anteilen haften, wird während des Zusammenlebens der Ehegatten durch die eheliche Lebensgemeinschaft überlagert.

Wenn der allein verdienende Ehegatte die Lasten des Kredits für die Ehewohnung allein trägt, ist eine zumindest stillschweigende Einigung zugrunde zu legen, dass auch intern nur der verdienende Teil haftet. Entsprechendes gilt bei beiderseits verdienenden Ehegatten mit erheblichem Einkommensgefälle.

2. Für die Zeit nach der Trennung ist davon auszugehen, dass eine anderweitige Bestimmung i.S.v. § 426 Abs. 1 S. 1 BGB jedenfalls dann nahe liegt, wenn die alleinige Schuldentilgung durch einen der getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten bei der Berechnung des dem anderen zustehenden Unterhalts bereits berücksichtigt wurde.

Damit nicht ohne weiteres vergleichbar ist der Fall, dass an sich bestehende Unterhaltsansprüche im Hinblick darauf, dass der Unterhaltspflichtige die gemeinsamen Schulden allein tilgt, nicht geltend gemacht werden, ohne dass über diese Handhabung eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde. Ob gegebenenfalls eine stillschweigende Vereinbarung angenommen werden kann, ist jeweils nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden.

 

Verfahrensgang

AG Erfurt (Beschluss vom 08.06.2011; Aktenzeichen 34 F 59/11)

 

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien haben am 4.9.1993 geheiratet und leben seit dem 1.4.2007 getrennt. Sie sind seit dem 12.2.2009 rechtskräftig geschiedene Eheleute.

Sie haben keine gemeinsamen Kinder. Aus einer vorangegangenen Beziehung haben sie jeweils einen Sohn. Die Eheleute haben keinen Ehevertrag errichtet. Ein Zugewinnausgleich wurde nicht durchgeführt.

Die Ehewohnung haben beide zu hälftigem Miteigentum im Jahr 1995 erworben und voll finanziert. Der Antragsgegner war daneben Alleineigentümer eines Hauses mit zwei Wohnungen in L.. Dieses wurde während der bestehenden Ehe umgebaut. Auch dafür wurde Geld aufgenommen.

Die im beiderseitigen Miteigentum stehende Eigentumswohnung in I. wurde durch notariellen Kaufvertrag der Notarin K. vom 26.10.2010 (Urkundennummer 963/2010) und notarielle Genehmigungserklärung der Antragstellerin vom 29.10.2010 zu einem Kaufpreis von 166000 EUR veräußert.

Nach Ablösung der darauf lastenden Kredite i.H.v. 131453,46 EUR an die Deutsche Bank verbleibt den Beteiligten ein Restbetrag i.H.v. 34546,54 EUR. Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren um den Erlösanteil der Antragstellerin.

Unstreitig hat der Antragsgegner während der Ehe die Darlehensraten für die gemeinsame Ehewohnung bezahlt. Nachdem die Parteien sich getrennt haben, blieb die Antragstellerin in der gemeinsamen Ehewohnung wohnen. Die Antragstellerin hat vom 1.4.2007 bis 31.1.2008 die ehemalige Ehewohnung unter Ausschluss des Ehemannes alleine genutzt und die Hausnebenkosten, Grundsteuer und das Hausgeld getragen; der Ehemann hat den Schuldendienst gegenüber dem Kreditinstitut bedient.

Die Antragstellerin hat vor dem AG Erfurt, Az. 34 F 746/09 und dem OLG Jena, Az. 1 UF 44/10, Trennungsunterhalt für die Zeit vom 1.2.2008 bis 31.3.2009 erstritten.

Nach Ablösung der darauf lastenden Kredite und möglicherweise weiterer Kosten hat der Antragsgegner erklärt, die Antragstellerin habe keinerlei Anspruch auf den verbleibenden Restkaufpreisanspruch aus der Veräußerung der im beiderseitigen Miteigentum stehenden Eigentumswohnung in I..

Die Antragstellerin hat vorgetragen, unstreitig seien vom Kaufpreis i.H.v. 166000 EUR zur Ablösung der Kredite 131453,46 EUR an die Deutsche Bank geflossen. Es verbleibe ein Restbetrag i.H.v. 34546,54 EUR. Davon stehe der Antragstellerin die Hälfte der Differenz i.H.v. 17273,27 EUR zu.

Sie habe die alleinige Nutzung der Wohnung als Trennungsunterhalt gesehen. Dementsprechend habe sie ihn auch erst nach ihrem Auszug geltend gemacht.

Gehe man davon aus, dass die Trennungszeit eine endgültige war, sei die Antragstellerin sowohl an den Darlehensbelastungen als auch an den Einnahmen aus der Wohnung nach ihrem Auszug zu beteiligen. Dies sei im Verfahren wegen Trennungsunterhalt erfolgt.

Mit Ende des Anspruchs auf Trennungsunterhalt (vereinbarungsgemäß am 31.3.2009) ende die Beteiligung im Rahmen der Unterhaltsberechnung. Solange Trennungsunterhalt geschuldet werde, bestehe keine Ausgleichspflicht, weil in der Berechnung bereits die Belastungen beim Unterhaltsverpflichteten berücksichtigt sind. Bei der Unterhaltsberechnung seien die Darlehensraten einkommensmindernd angesetzt worden.

Mit Ende des Anspruchs auf Trennungsunterhalt ab dem 1.4.2009 gelte folgendes:

Nach Auskunft der Deutschen Bank wurden jeweils zum 15. des Monats für die beiden Darlehen die Raten fällig. Das seien von April bis August 2009 (5...

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