Rz. 33

Ebenfalls von hoher praktischer Relevanz ist die Aufteilung von Wertpapieren der Eheleute, also in der Regel Inhaberpapiere, bei denen dem Inhaber eines Wertpapiers die in dem Wertpapier verbrieften Leistungsansprüche zustehen ("Das Recht aus dem Papier folgt dem Recht am Papier."). Dies sind beispielsweise Aktien, Pfandbriefe oder Fondanteile. Auch Bundesschatzbriefe und -obligationen werden entsprechend behandelt, obwohl es sich um unverbriefte Wertpapiere handelt.[42]

Daher kommt es für die vermögensrechtliche Zuordnung bei Scheitern der Ehe auf die Feststellung des Inhabers des Wertpapiers an. Da es sich dabei um körperliche Sachen handelt, muss also das Eigentum an dem Wertpapier nach den Regeln des Sachenrechts ermittelt werden.

[42] BGH FamRZ 1997, 607.

1. Dingliche Berechtigung

 

Rz. 34

Regelmäßig wird derjenige Ehegatte, der die Anschaffung der Wertpapiere vornimmt, auch ihr Alleineigentümer, sofern die Eheleute nicht ausdrücklich nach außen als gemeinschaftliche Erwerber auftreten. Aber auch bei Erwerb nur durch einen Ehegatten kann im Einzelfall bei Anschaffungen während bestehender Ehe die Begründung von Miteigentum in Betracht kommen, denn die veräußernde Bank hat in der Regel kein Interesse an der Veräußerung an einen bestimmten Eigentümer und übereignet "an den, den es angeht". Es kommt damit letztlich maßgeblich auf die Willensrichtung des erwerbenden Ehegatten an, für wen dieser Erwerb der Wertpapiere erfolgen sollte. Hierzu werden in Rechtsprechung[43] und Literatur[44] eine Reihe von Kriterien diskutiert, nach denen sich im Einzelfall Anhaltspunkte für die normalerweise nicht ausdrücklich geäußerte Willensrichtung des Erwerbers finden lassen:

Wer hat den Kaufauftrag erteilt?
Wer hat die Auswahl der Wertpapiere getroffen?
Hat es sich um Ersatzbeschaffung für anderweitig veräußerte Wertpapiere gehandelt?
Von wem stammen die Mittel für den Erwerb?
Welchem Zweck diente der Erwerb?
Wurden Vermögensangelegenheiten in der Ehe regelmäßig gemeinschaftlich erledigt?
War die Ehe zum Zeitpunkt des Erwerbs noch intakt?
[43] BGH FamRZ 1997, 607; OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 165 OLG Frankfurt FamRZ 2004, 1034; OLG Bremen FamRZ 2004, 1578, 1579; OLG Celle FamRZ 2013 1760, 1761.
[44] Wever, Rn 755; Hausleiter/Schulz, Kap. 5 Rn 414; Klein/Roßmann, Kap. 2 Rn 784.

2. Aufteilung

 

Rz. 35

Ist ein Ehegatte danach als Alleineigentümer festzustellen, kann er alleine über das Wertpapier verfügen und der andere Ehegatte hat keine Ansprüche an oder aus dem Papier. Besonderheiten ergeben sich nur dann, wenn die Eigentümerstellung auf einer anderweitigen Vereinbarung mit dem anderen Ehegatten beruht, etwa einer Treuhandabrede. Unter Umständen kann aber entsprechend den Grundsätzen bei Einzelkonten hier im Innenverhältnis auch eine Mitberechtigung über eine Bruchteilsgemeinschaft bestehen.[45]

 

Rz. 36

Besteht an einem Wertpapier dagegen Miteigentum der Ehegatten oder eine bruchteilsmäßige Mitberechtigung, dann richtet sich die Aufteilung nach den §§ 741 ff. BGB. Dazu muss ein Ehegatte zunächst die Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft nach § 749 Abs. 2 BGB verlangen. Diese erfolgt dann entsprechend § 752 BGB in Natur. Ist dies ausnahmsweise nicht möglich, muss die Auseinandersetzung nach § 753 BGB durch Veräußerung nach den Vorschriften über den Pfandverkauf erfolgen. Hier besteht dann aber die Möglichkeit, nach § 1246 BGB eine abweichende Art der Veräußerung durch freihändigen Verkauf zu verlangen, worüber notfalls das Gericht entscheidet, wenn eine Einigung der Miteigentümer nicht zustande kommt und dies billigem Ermessen entspricht. Dabei kommt nach § 242 BGB sogar eine Verpflichtung des einen Ehegatten zur Übereignung der Wertpapiere an den anderen Ehegatten gegen angemessenes Entgelt in Betracht.[46]

[45] OLG Karlsruhe FamRZ 2003, 607, 608; Wever, Rn 748.
[46] BGH NJW 1977, 1234, 1235; Klein/Roßmann, Kap. 2 Rn 764.

3. Besonderheiten bei Depotverwahrung

 

Rz. 37

Meist werden die Wertpapiere von den Ehegatten jedoch nicht zu Hause, sondern in einem Wertpapierdepot verwahrt. In diesem Fall ist die sachenrechtliche Bestimmung des Inhabers eines Wertpapiers erheblich schwieriger.

Den Eheleuten stehen zwei verschiedene Formen der Verwahrung zur Verfügung, Sonderverwahrung und Sammelverwahrung. Und jede diese Verwahrungsformen kann als Einzel- oder als Gemeinschaftsdepot der Eheleute geführt werden.

a) Sonderdepot

 

Rz. 38

Nach § 2 DepotG ist der gesetzlich vorgesehene Regelfall die Sonderverwahrung, bei der der Hinterleger eines Wertpapiers Eigentümer bleibt und die hinterlegten Wertpapiere körperlich getrennt von den Depotbeständen anderer Hinterleger verwahrt werden. Der Herausgabeanspruch gegen den Verwahrer richtet sich damit auf genau diejenigen Wertpapiere, die in das Depot eingebracht wurden. Die Eigentumsverhältnisse an den hinterlegten Wertpapieren ändern sich also nicht, gleich ob im Alleineigentum eines Ehegatten oder im Miteigentum beider Ehegatten stehende Wertpapiere in das Depot eingebracht werden.

b) Sammeldepot

 

Rz. 39

Wertpapiere können jedoch auch in einem Sammeldepot verwahrt werden. Dies hat nach § 6 DepotG zu...

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