Rz. 33

Soweit sich kontoführende Stellen örtlich in der Nähe befinden, empfiehlt es sich, diese persönlich aufzusuchen.[28] Der Nachlasspfleger kann sich dann direkt durch Vorlage der Bestallungsurkunde und seines Ausweises nach §§ 153, 154 AO legitimieren.[29] Die Konten werden dann auf die "unbekannten Erben" umgeschrieben.

 

Rz. 34

In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass Kreditinstitute auch bei jeder zukünftigen Kontoverfügung des Nachlasspflegers grundsätzlich auf die erneute Vorlage der Bestellungsurkunde mit der Argumentation bestehen, dies sei nötig, um vor Anweisungen eines nicht mehr bevollmächtigten Pflegers im Giroverhältnis geschützt zu sein. Hierauf hat das Kreditinstitut aber keinen Anspruch, da die Bestellungsurkunde eines Nachlasspflegers nach § 290 FamFG keine Vollmachtsurkunde im Sinne der §§ 172 ff. BGB ist.[30] Der Bank wird insofern richtigerweise auferlegt, von sich aus zu prüfen, ob die Angaben in der Bestallungsurkunde noch zutreffen, z.B. durch eine entsprechende Erkundigung beim Nachlassgericht.[31]

 

Rz. 35

Es ist sinnvoll sich nach Legitimation gleich eine Bestandsübersicht ausdrucken zu lassen, die sämtliche Daten des Erblassers bezüglich der Kundenverbindung enthält. In dieser Übersicht sind dann auch neben Giro- und Sparkonten evtl. Depots, Bausparverträge, Lebensversicherungen (Geldinstitute bieten vermehrt auch Versicherungsverträge ihrer Verbundpartner an), Darlehen etc. aufgeführt. Hilfreich ist auch eine Kopie der Erbschaftssteuermeldung des Kreditinstituts an die Erbschaftssteuerstelle (§ 33 ErbStG). Darin sind die Konto- und Wertpapierdepotstände zum Todestag, die Kontoarten sowie etwa vorhandene Schließfächer verzeichnet. Die Kontostände zum Todestag sind die Anfangsbestände für die Rechnungslegungspflicht des Nachlasspflegers gegenüber dem Nachlassgericht.

 

Rz. 36

Im Falle von Darlehen sollte zusätzlich geprüft werden, ob eine Restschuldversicherung für das Darlehen abgeschlossen war. Häufig übersteigt die Leistung aus der Restschuldversicherung das Saldo des Darlehens. Insofern fällt der verbleibende Betrag ggf. in den Nachlass (zu Restschuldversicherungen vgl. Rdn 426 ff. "Lebensversicherung").

 

Rz. 37

Weiter entfernte Institute sollte der Nachlasspfleger baldmöglichst anschreiben. Auch bei schriftlicher Kontaktaufnahme sollte die Legitimation möglichst gleich nachgewiesen werden. Dieses ist beispielsweise durch Beifügung einer Kopie der Bestallungsurkunde und des Ausweises, die vorher durch die Hausbank mit einem Stempel und Unterschrift bestätigt wurden, möglich. Derartige Kopien werden von anderen Geldinstituten im Regelfall anerkannt.

 

Rz. 38

Gibt es Hinweise auf eine ausländische Bankverbindung, sollten auch die ausländischen Kreditinstitute angeschrieben werden, ggf. mit einer Übersetzung in die jeweilige Landessprache. Die ausländischen Kreditinstitute zahlen allerdings nur selten an den Nachlasspfleger aus, soweit sie überhaupt reagieren. Dies hängt oftmals mit Fragen der internationalen Zuständigkeit für die Nachlasssache ab.

 

Rz. 39

Es ist sinnvoll bereits beim ersten persönlichen oder schriftlichen Kontakt mit dem Kreditinstitut die Kontrolle über alle Konten, Depots etc. übernehmen und vorhandene Vollmachten löschen lassen.

 

Rz. 40

Daueraufträge, die nicht mehr benötigt werden, sollten gelöscht und nach dem Todestag gebuchte Lastschriften auf Berechtigung geprüft werden. In Fällen mit Grundvermögen und vorausgesetzt, der Nachlass ist dafür ausreichend, kann es sinnvoll sein, ständig wiederkehrende Zahlungen (z.B. Grundsteuer, Gebäudeversicherung, Verbandsbeiträge etc.) durch Lastschrift einziehen zu lassen. Es empfiehlt sich ferner, regelmäßiges monatliches Sparen (z.B. auch Lotteriesparen) oder zusätzliche Kontoleistungen, die eine monatliche pauschale Gebühr kosten, zu stornieren. Nicht auffindbare Sparbücher sind aufzubieten.[32]

Zum Schließfach siehe Rdn 480 ff.

[28] Umfassend zu bankrechtlichen Bezügen (auch) der Nachlasspflegschaft: Ott-Eulberg/Schebesta/Bartsch, Erbrecht und Banken, 2. Aufl. 2008.
[29] Eingehend zu in der Praxis übersteigerten Legitimationsanforderungen: Schulz/Schmitz, ZEV 2015, 80f.
[30] BGH v. 30.3.2010 – XI ZR 184/09, BeckRS 2010, 09780; Vorinstanz: LG Oldenburg v. 15.5.2009 – 13 S 62/09, BeckRS 2010, 09782.
[31] LG Münster v. 5.5.2014 – 014 O 71/14, ZEV 2015, 100.
[32] Vgl. ausführlich: Holzer, ZEV 2016, 249 ff.

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