Rz. 11

Der Nachlasspfleger hat den Arbeitgeber/Dienstherren anzuschreiben, sofern der Erblasser in einem Arbeits- oder Beamtenverhältnis stand. In diesem Zusammenhang sollte er den Arbeitgeber nach Sterbegeldzahlungen fragen. Weiterhin ist zu klären, ob der Erblasser Ansprüche auf Arbeitsentgelt, oder Lohnfortzahlung hatte.

 

Rz. 12

Ein Urlaubsabgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG war wegen der Höchstpersönlichkeit des zugrunde liegenden Urlaubsanspruchs nach der bisherigen Rechtsprechung nicht vererblich, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Erblassers beendet wird, es sei denn, der Anspruch war aufgrund Tarifvertrags nicht an die in § 7 Abs. 4 BUrlG festgelegten Voraussetzungen gebunden.[2] Anders als das BAG geht der EuGH aber davon aus, dass auch bei Tod des Arbeitnehmers ein Urlaubsabgeltungsanspruch für noch bestehenden Urlaub entsteht, der vererbt werden kann.[3]

Für die Frage eines Urlaubsabgeltungsanspruchs nach § 7 Abs. 3 BurlG für Urlaub, den der Arbeitnehmer krankheitsbedingt nicht nehmen konnte, hat das BAG mit seiner Entscheidung vom 22.9.2015[4] seine ständige Rechtsprechung bereits geändert: Der Anspruch ist jetzt vererblich. Es ist daher zu erwarten, dass das BAG diese Änderung auch für die Frage des Abgeltungsanspruchs nach § 7 Abs. 4 BurlG vollziehen wird.[5] Entsprechende Ansprüche hat der Nachlasspfleger daher geltend zu machen.

 

Rz. 13

Der Nachlasspfleger sollte den Arbeitgeber ggf. bitten, die Lohnsteuerkarte bzw. Lohnsteuerbescheinigung zu übermitteln, um notwendige Steuererklärungen abgeben zu können.

 

Rz. 14

Ist der Arbeitnehmer vor seinem Tod aus dem Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung ausgeschieden, stirbt er aber nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, ist der Abfindungsanspruch vererblich.

 

Rz. 15

Stirbt er vorher, ist zu beachten, dass die Abfindungszahlung je nach Ausgestaltung des Abfindungsvertrages vererblich sein kann.[6] Falls eine ausdrückliche Vereinbarung im Vertrag (Vererbbarkeitsklausel) fehlt, hat eine Auslegung des Vertrags nach dem Leistungszweck zu erfolgen. Maßgeblich ist, ob die Abfindung der Preis für den Abkauf des Arbeitsplatzes ist oder ob sie der Abfederung des Entgeltverlustes nach dem Ausscheiden dienen soll. Stellt die Abfindung eine Art Kaufpreis dar, ist sie vererbbar. Hat sie lediglich eine Überleitungs- und Vorsorgefunktion, ist sie nicht vererbbar.[7]

 

Rz. 16

Auch ein in einem gerichtlichen Abfindungsvergleich vereinbarter Abfindungsanspruch geht, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben, grundsätzlich auf die Erben über, wenn der Arbeitnehmer vor dem im Abfindungsvergleich festgelegten Auflösungszeitpunkt verstirbt.[8]

 

Rz. 17

Ein Abfindungsanspruch nach § 1a Abs. 1 S. 1 KSchG entsteht allerdings erst mit Ablauf der Kündigungsfrist der zugrunde liegenden betriebsbedingten Kündigung. Endet das Arbeitsverhältnis vorher durch Tod des Arbeitnehmers, kann der Anspruch deshalb nicht nach § 1922 Abs. 1 BGB auf den Erben übergehen, selbst wenn im Hinblick auf die erteilte Abfindungszusage vom Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhoben wird und dieser vor Ablauf der Klagefrist stirbt.[9] Insofern muss der Nachlasspfleger bei solchen Sachverhalten schnellstens Klage erheben.

 

Rz. 18

Auch ein Abfindungsanspruch aus einem Sozialplan kann nur vererbt werden, wenn er zum Zeitpunkt des Todes des Arbeitnehmers bereits entstanden war. Haben die Betriebsparteien den Zeitpunkt der Entstehung des Abfindungsanspruchs nicht ausdrücklich geregelt, ist er durch Auslegung des Sozialplans zu ermitteln.[10]

 

Rz. 19

Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Insolvenzgeld ist ebenfalls vererblich, § 165 Abs. 3 SGB III. Die Arbeitsentgeltansprüche müssen aber vor Stellung des Antrages auf Insolvenzgeld und vor dem Insolvenzereignis nach erbrechtlichen Vorschriften auf den Erben übergegangen sein.[11]

Bei Tod des Arbeitnehmers nach dem Insolvenzereignis gehen die Insolvenzgeldansprüche zwar nicht nach § 165 Abs. 3 SGB III, jedoch nach § 58 S. 1 SGB I auf den Erben über, da es sich um eine einmalige Leistung handelt und so die Sonderrechtsnachfolge nach §§ 56, 57 SGB I nicht gilt. Stirbt der Arbeitnehmer zwar nach der Antragstellung, jedoch noch vor dem Insolvenzereignis, gilt § 58 S. 1 SGB I entsprechend.[12]

[2] BAG v. 18.7.1989 – 8 AZR 44/88, NZA 1990, 238; BAG v. 20.9.2011 – 9 AZR 416/10, NJW 2012, 634 = ZEV 2012, 162; BAG v. 12.3.2013 – 9 AZR 532/11, NJW 2013, 1980.
[3] EuGH v. 12.6.2014 – C 118/13, NJW 2014, 2415 = ZEV 2014, 502.
[4] AZR 170/14, NZA 2016, 37 = ZEV 2016, 99.
[5] So jetzt schon: LAG Düsseldorf v. 13.1.2016 – 4 Sa 888/15, BeckRS 2016, 68559.
[6] BAG v. 25.6.1987 – 2 AZR 504/86, NZA 1988, 466.
[7] Vgl. zum Ganzen: Bengelsdorf, in: Moll, Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, § 46 Rn 171 ff.
[8] BAG v. 22.5.2003 – 2 AZR 250/02, ZEV 2004, 248.
[9] BAG v. 10.5.2007 – 2 AZR 45/06, NJW 2007, 3086 = NZA 2007, 1043 = ZEV 2007, 537.
[10] BAG v. 27.6.2006 – 1 AZR 322/05, BAGE 118, 321 = MDR 2007, 159 = ZEV 2007, 539.
[11] Vgl. Gagel/Peters-Lange,SGB III, § 1...

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