Rz. 237

Es besteht die Möglichkeit, dass auch eine Person, die nicht selbst in der aufgenommenen Liste ausgewiesen ist, die Gesellschafterrechte für den relativen Gesellschafter ausüben. Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn der Erblasser einem Dritten eine post- bzw. transmortale Vollmacht erteilt hat. Der Bevollmächtigte kann auch ohne Eintragung in der Gesellschafterliste anstelle des Erblassers an der Beschlussfassung mitwirken. In der Rechtsprechung und der Literatur nicht erörtert wird jedoch die Frage, wer bei einer bestehenden Vollmacht des Erblassers zugunsten eines Dritten dann Vertretener ist. In Betracht kämen sowohl der Erblasser als relativer Gesellschafter als auch die Erben als nur materielle Gesellschafter. Ursache des Problems ist das gesetzlich nunmehr auch im Erbfall zulässige Auseinanderfallen von formeller und materieller Gesellschafterlegitimation. Vor dem Hintergrund der Fiktions- bzw. Vermutungswirkung des § 16 Abs. 1 GmbHG müsste jedoch der Dritte Vertreter allein des relativen Gesellschafters und somit des "Erblassers" sein.

 

Rz. 238

Sofern der Erblasser den Dritten rechtsgeschäftlich ermächtigt hat, im Todesfall für ihn Rechtshandlungen betreffend die Gesellschaft vorzunehmen, dürfte der Dritte über die Brücke der Vollmacht so lange als legitimiert gelten, bis ein anderer, insbesondere der Erbe, eingetragen ist und ab diesem Zeitpunkt die Gesellschafterrechte ausüben kann. Formell vertritt der Dritte damit den Erblasser, wobei die materiell-rechtlichen Rechtsfolgen seines Handelns den Erben treffen, der bereits im Wege der Universalsukzession Anteilseigener geworden ist. Eine Eintragung des Dritten in die Gesellschafterliste wäre angesichts der Vollmacht gar nicht nötig. Ähnlich dürfte es sich verhalten, wenn ein Nachlasspfleger bestellt wurde. Dieser ist gesetzlicher Vertreter der Erben. Sofern die unbekannten Erben in die Gesellschafterliste eingetragen wären, müsste der Nachlasspfleger selbst nicht eingetragen sein, um wirksam für die Erben Rechtshandlungen vorzunehmen. Eine entsprechende "Legitimationsbrücke" ergäbe sich aufgrund der gesetzlichen Vertretungsmacht. Der nach § 40 Abs. 1 S. 2 GmbHG erforderliche Nachweis bezöge sich auf den Tod des Erblassers, wobei die Mitteilung hinsichtlich der unbekannten Erben durch den Nachlasspfleger erfolgen kann.

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