Rz. 303

Verwaltungsanordnungen können nach § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB auf Antrag des Testamentsvollstreckers oder eines anderen Beteiligten vom Nachlassgericht außer Kraft gesetzt werden, wenn ihre Befolgung den Nachlass erheblich gefährden würde. "Für eine derartige Gefährdung reicht es aus, wenn diejenigen Interessen am Nachlass beteiligter Personen erheblich gefährdet werden, die der Erblasser durch seine Verwaltungsanordnungen hat fördern wollen."[524]

Die Literatur[525] geht sogar darüber hinaus und hält es für zulässig, dass das Nachlassgericht die Verwaltungsanordnungen des Erblassers korrigiert.[526] Das bedeutet, dass unzureichende formulierte Schutz-Verwaltungsanordnungen so formuliert werden können, dass sie einem Behindertentestament nahekommen.[527]

 

Rz. 304

Der Sozialleistungsträger soll zu einem solchen Antrag im umgekehrten Sinne nach h.M. nicht berechtigt sein.[528] Dies ist aber nicht sicher, weil durch Überleitung nach § 93 SGB XII auch die mit dem Anspruch des Erben verbundenen Nebenrechte mit übergehen.

 

Hinweis und Zusammenfassung

Das Behindertentestament ist in den 1970er Jahren vor dem Hintergrund erschaffen worden, dass eine Erbschaft – Gleiches gilt für ein Vermächtnis – Vermögen ist und dem Erben das gesamte Instrumentarium der Vermögensschontatbestände des § 90 SGB XII vollständig zugutekommen würde. Die Grundannahme bestand darin, dass für den Sozialhilfeträger spätestens bei § 90 Abs. 3 SGB XII – der Verschonung wegen Härte – die Prüfung von verwertbarem Vermögen zu Ende sei.

Kein Zivilrechtler ist damals auf die Idee gekommen, man könne eine Erbschaft, die z.B. nur aus einer Immobilie bestehe, im Sinne der modifizierten Zuflusstheorie als Einkommen behandeln. Die sozialgerichtliche Rechtsprechung sieht dies heute in ständiger Rechtsprechung aber anders und so kommt es dazu, dass erste sozialgerichtliche Entscheidungen[529] die Freigabe durch den Testamentsvollstrecker als das Ende der geschützten Erbmittel ansehen. Im Sinne der Rechtsprechung des BSG scheint dies konsequent. Erbrechtlich scheint es nicht ausgeschlossen, da die dingliche Wirkung von Verwaltungsanordnungen jedenfalls nach der Literatur nicht "in Stein gemeißelt" zu sein scheint.[530]

[525] Schmidl, Methodische Grundlagen und richtige Anwendung der Außerkraftsetzung gemäß § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB mit Hinweisen zum Behindertentestament, ZErb 2017, 276 ff, 303 ff., 339 ff. und Formulierungsvorschlag für einen Antrag ZErb 2017, 342.
[526] Schmidl, ZErb 2017, 276 ff., 303 ff., 339 ff.
[527] Bejahend Ruby/Schindler, Das Behindertentestament, Rn 67 ff.
[528] OLG München v. 16.5.2017 – Az.: 31 Wx 7/17, NJW-RR 2017, 1289; BayObLG v. 27.12.1982 – Az.: BReg 1 Z 112/82, BayObLGZ 1982, 459, 461 f.; a.A. Krampe, AcP 1991, 537.
[529] Vgl. hierzu LSG Hessen v. 26.6.2013 – Az.: L 6 SO 165/10, openJur 2013, 31984.
[530] Vgl. dazu z.B.: Keim, Die freiwillige Freigabe von Nachlassgegenständen durch den Testamentsvollstrecker, ZEV 2010, 454.

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