Rz. 260

Durch die Anordnung einer Vorerbschaft/Nacherbschaft wird der Nachlass mit einer Verfügungsbeschränkung belastet. Der Erblasser kann damit sein Vermögen binden, dem zum Vorerben Berufenen die Nutzungen des Vermögens zukommen lassen und störende Dritte vom Nachlass fernhalten.

 

Rz. 261

§§ 2113 ff. BGB ordnen an, dass die Verfügungsbefugnis des Vorerben über den Nachlass beschränkt ist. Diese Beschränkung entfaltet ihre (absolute) Wirkung erst mit dem Nacherbfall. Bis dahin sind die Verfügungen des Vorerben auch dem Nacherben gegenüber mit dinglicher Wirkung wirksam. Sie bleiben es auch, sofern sie den Voraussetzungen der §§ 2113 ff. BGB nicht widersprechen, also insbesondere das Recht des Nacherben nicht vereiteln oder beeinträchtigen.

 

Rz. 262

§ 2115 BGB schafft eine Vollstreckungssperre. Mit dieser Vollstreckungssperre wird verhindert, dass Eigengläubiger des Vorerben auf den Nachlass zugreifen. Zwangsverfügungen sind danach nach Eintritt des Nacherbenfalls insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen. Die Unwirksamkeit ist absolut, besteht also gegenüber jedermann.[460] Da sie auf den Nacherbenfall hinausgeschoben ist, sind die bis dahin getroffenen Vollstreckungsmaßnahmen zwar wirksam, gem. § 773 ZPO soll aber keine Verwertung durch Veräußerung oder Überweisung erfolgen. Der Nacherbe kann sich mit der Drittwiderspruchsklage wehren.

 

Rz. 263

Die Vorerbschaft bildet in der Hand des Vorerben – vergleichbar wie bei der Testamentsvollstreckung – eine Art Sondervermögen,[461] das ihm zwar für die Dauer der Vorerbschaft zusteht, aber dann unmittelbar – außerhalb des Vermögens des Vorerben – mit dem Eintritt des Nacherbfalls auf den Nacherben übergeht. Der Verwertung des Vermögens steht insoweit ein rechtliches Hindernis entgegen. Dem tritt das SG Düsseldorf entgegen, weil "das Verhältnis zwischen Vorerben und Nacherben keinen unmittelbaren Durchschlag auf die Verfügungsbefugnis des Vorerben habe". Der Nacherbfall, der mit dem Tod des Vorerben eintrete, setze den Vorerben auch keiner Wertersatzforderung des Nacherben aus.[462]

 

Rz. 264

Der Schutz der Anordnung von Vorerbschaft und Nacherbschaft bezieht sich nicht auf die "Nutzungen" (Früchte und Gebrauchsvorteile) der Erbschaft. Sie stehen dem Vorerben unmittelbar zu (§ 2111 BGB). Diese sind, wenn kein weiterer Schutz angeordnet wird, unmittelbar in der Sozialhilfe anrechenbar. Sie stellen anrechenbares Einkommen dar, wenn nicht weiterer Schutz (Dauertestamentsvollstreckung nach § 2209 BGB) hinzutritt.

[460] BGH v. 8.7.1960 – Az.: V ZB 8/59, BGHZ 33, 76, 85.
[461] Damrau/Tanck/Riedel, § 2311 Rn 44.
[462] Zum SGB II, aber übertragbar: SG Düsseldorf v. 2.12.2016 – Az.: S 29 AS 523/15, openJur 2018, 7703.

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