Rz. 107

Schulden gehören nicht zu den in § 82 SGB XII normativ geregelten Abzugsposten. Schuldentilgung ist deshalb im SGB XII mit sehr wenig Ausnahmen[195] weder beim Einkommen noch beim Vermögen als Abzugsposten zu berücksichtigen.[196] Einkommen ist zuvörderst zur Sicherung des Lebensunterhaltes einzusetzen. Dies gilt – wenn der Zufluss keiner Pfändung unterliegt[197] – selbst dann, wenn der Betroffene dadurch außerstande ist, bestehende vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen.[198] Vgl. dazu Fallbeispiel 15 (siehe § 2 Rdn 108).

 

Rz. 108

Darlehensrückzahlungen mindern das zu berücksichtigende Einkommen daher nicht. Derartige Schuldverpflichtungen, auf die der Betroffene freiwillig leistet, sind bei der Einkommensermittlung im Grundsatz nicht zu berücksichtigen.[199]

 

Rz. 109

Die Minderung eines Zuflusses durch die Rückführung des Solls auf dem Konto des Begünstigten, das die Bank aufgrund des zwischen beiden vereinbarten Dispositionskredits vornimmt, wird sozialhilferechtlich nicht berücksichtigt.[200] Es ist unerheblich, ob und in welchem Umfang sich aufgrund der Gutschrift auf dem Konto des Begünstigten ein positiver Kontostand auf diesem Konto ergeben hat.[201] Der Zufluss eines Geldbetrags auf ein im Soll befindliches Girokonto ändert nichts am Zufluss selbst. Die damit verbundene Schuldentilgung ist eine Form der Mittelverwendung und mindert nicht die Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens. Im Monat der Einkommensberücksichtigung ist gleichwohl ein tatsächlicher Wertzuwachs eingetreten.[202] Entscheidend ist allein, dass der Begünstigte Kontoinhaber und nicht in Verfügungen über das Einkommen beschränkt ist.[203] Davon abzugrenzen ist die Frage, ob das verbliebene zugeflossenes Einkommen im Verteilzeitraum geeignet ist, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken. Das Sozialamt muss dann ggf. noch einmal leisten.[204] Auf die zweckwidrige Mittelverwendung muss dann ggf. mit einem Kostenersatzanspruch nach § 103 SGB XII reagiert werden. Das tangiert aber die Frage, ob Einkommen zugeflossen ist, nicht.

 

Rz. 110

 

Hinweis

Im SGB II hat der Gesetzgeber auf den vorzeitigen Verbrauch solcher einmaligen Mittel reagiert. Soweit Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen vorzeitig verbraucht haben, kann die Leistung als Darlehen erbracht werden.

[195] Z.B. § 87 Abs. 1 SGB XII als besondere Belastung.
[196] Für das SGB II, aber übertragbar: BSG v. 29.4.2015 – Az.: B 14 AS 10/14 R, NZS 2015, 714 Rn 31 ff. m.v.w.N.; BSG v. 30.9.2008 – B 4 AS 29/07 R, BSGE 101, 291; Rothkegel, Sozialhilferecht, Teil III, Kapitel 17 Rn 6 m.w.N.
[202] Für das SGB II, aber übertragbar: BSG v. 24.6.2020 – Az.: B 4 AS 9/20 R, sozialgerichtsbarkeit.de 213450 Rn 25.
[204] Bieritz-Harder/Conradis/Thie/Geiger, LPK-SGB XII, § 82 Rn 11.

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