Rz. 75

Durch die Regelung in §65 Abs. 3 Nr. 5 StVG (siehe § 7 Rdn 13) werden die Regelungen zu den nach altem Recht durchgeführten (besonderen) Aufbauseminaren und verkehrspsychologischen Beratungen im Rahmen des Punktsystems in das Fahreignungs-Bewertungssystem überführt. Der Fahrerlaubnisinhaber geht ihrer also nicht verlustig. Der Gesetzgeber hat bei der Überleitung zwei Phasen vorgesehen. Zunächst werden sämtliche Punkte, die ab dem 1.5.2014 nicht mehr im Fahreignungsregister gespeichert werden dürfen, gelöscht. Der sich dann ergebende Punktestand wird dann in den neuen Punktestand und auch die neue Stufe übergeleitet, wobei sich keine Überleitung der Maßnahmen nach dem alten System in das Fahreignungs-Bewertungssystem ableiten lässt.[64]

Für Fälle, in denen die Fahrerlaubnis nach §4 Abs. 7 StVG in der bis zum 30.4.2014 anwendbaren Fassung entzogen worden ist, weil der Betroffene nicht an einem angeordneten Aufbauseminar teilgenommen hatte, ist mit der Neufassung vom 5.12.2014 eine klarstellende Übergangsregelung aufgenommen worden: In diesen Fällen führte die Entziehung der Fahrerlaubnis nach der alten Regelung schon nicht zur Löschung des Punktekontos. Diese Wertung soll auch unter Geltung des neuen Fahreignungs-Bewertungssystems fortgelten, wonach die Punktelöschung ebenfalls zum Zeitpunkt der Neuerteilung der Fahrerlaubnis vorgesehen ist. Dies entspricht zudem den hinter §4 Abs. 3 S. 4 StVG stehenden Gedanken.[65] Interessanterweise aber stellt sich anhand des Gesetzestextes auch nach der Änderung dennoch die Frage, ob die Löschung aller Punkte bei Neuerteilung auch für die Alteintragungen gelten solle. Denn aus §65 Abs. 3 Nr. 4 StVG lässt sich dies jedenfalls nach VGH Baden-Württemberg vom 31.3.2015 – 10 S 2417/14 nicht entnehmen.

 

Hinweis

Zum Löschungsumfang ist der gesetzgeberische Wille wenig deutlich geworden: Nicht sinnvoll ist es nach Verzicht oder Entzug, nur die Neueintragungen, nicht aber die Alteintragungen zu löschen, da ja die Eignung durch die Neuerteilung eben gerade festgestellt worden ist. Aus der amtlichen Begründung aber kann man ableiten, dass alle Entscheidungen ab der Geltung des neuen Fahreignungsbewertungssystems unabhängig vom Datum der Rechtskraft der Entscheidung dann nurmehr dem geltenden Recht unterfallen sollen, weil dies schon aus technischen Gründen für das Kraftfahrtbundesamt erforderlich gewesen ist.

Zu Recht kritisiert der VGH die Regelung, zumal nicht ersichtlich ist, weshalb die Kenntnisnahme der Behörde als weiterer Berechnungszeitpunkt nun praktischer sein soll, als auf die Rechtskraft oder den Tattag abzustellen.[66] Hieraus entsteht nicht nur das Problem mangelnder Nachprüfbarkeit, sondern es wird gleichsam eine Zufälligkeit in Kauf genommen, die rechtsstaatlich schwierig sein dürfte.

Maßnahmen nach §4 Abs. 4 S. 1 und 2 StVG a.F. bleiben bis zur Tilgung der letzten Eintragung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit nach §28 Abs. 3 Nr. 1–3 StVG a.F., längstens aber zehn Jahre ab dem 1.5.2014, im Fahreignungsregister gespeichert.

 

Rz. 76

Für die Überführung zum 1.5.2014 sind nach §65 Abs. 3 Nr. 5a StVG (siehe § 7 Rdn 13) Punkteabzüge nur noch vorzunehmen, wenn der Betroffene die Bescheinigung über die Teilnahme an einem freiwilligen Aufbauseminar oder einer freiwillig besuchten verkehrspsychologischen Beratung vor dem 1.5.2014 der zuständigen Behörde vorlegt.

 

Rz. 77

 

Hinweis

Ist also ein freiwilliges Aufbauseminar oder eine verkehrspsychologische Beratung vor dem 30.4.2014 erfolgt und die Bescheinigung bis zum 30.4.2013 bei der Behörde eingegangen, sind die Punkterabatte nach altem Recht zu gewähren.

 

Rz. 78

Nach §65 Abs. 3 Nr. 5b StVG (siehe § 7 Rdn 13) sollen Aufbauseminare, die noch vor dem 1.5.2014 angeordnet und begonnen, aber noch nicht abgeschlossen worden sind, für eine Übergangszeit von sieben Monaten – bis zum 30.11.2014 – nach den alten Regelungen beendet werden können. In §65 Abs. 3 Nr. 5c StVG (siehe § 7 Rdn 13) wird damit über sechs Monate das Anbieten der Aufbauseminare gewährleistet, so dass angeordnete Aufbauseminare auch noch absolviert werden können.[67]

 

Rz. 79

Falls die Anbieter von Aufbauseminaren diese nicht mehr anbieten, kann anstatt des Aufbauseminars ein Fahreignungsseminar absolviert werden und dann den Anforderungen genügen.[68]

Abs. 3 Nr. 5 StVG für Fälle vor dem 1.5.2014

 

Rz. 80

Es ist denkbar, dass eine alte – also vor Inkrafttreten des FaER – Anwendung des Punkteabbaus dem Fahrerlaubnisinhaber für einen neuerlichen Punktabbau im Wege stehen kann. Denn bei der Berechnung der Fünfjahresfrist nach §4 Abs. 7 S. 2 und 3 StVG sind auch (alte) Punkteabzüge zu berücksichtigen, die nach §4 Abs. 4 S. 1 und 2 StVG in der bis zum Ablauf des 30.4.2014 anwendbaren Fassung vorgenommen worden sind. Ungeregelt ist hierbei aber, wie mit Punkteabzügen zu verfahren ist, wenn diese auf Anordnung der Fahrerlaubnisbehörden erfolgten, weil nicht eintragungsfähige bzw. nicht zu überführende Delikte (Verstoß gegen das PflichtVersG) vorgelegen haben. Hierzu verh...

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