Rz. 90

Ersatzpflichtig für die durch den Zustand einer Anlage nach § 2 Abs. 1 HaftpflG oder durch die Wirkungen des davon ausgehenden Stoffes oder Stromes ist der Inhaber der Anlage. Dieser Begriff ist gesetzlich nicht definiert. Inhaber (vgl. auch § 1 UmweltHG und § 25 AtomG, wobei für die Kernenergiehaftung der Inhaber einer Kernenergieanlage mit § 2 Abs. 4 i.V.m. Anl. 1 Abs. 1 Nr. 6 AtomG speziell legal definiert ist) der Anlage ist derjenige, der die Anlage auf eigene Rechnung benutzt bzw. in Gebrauch hat, die hierfür erforderliche Verfügungsgewalt besitzt und die Kosten für den Unterhalt aufbringt.[327] Es muss sich dabei um eine eigenverantwortliche und wirtschaftliche Sachherrschaft handeln. Der Inhaber tritt nach außen hin als der für die Anlage Verantwortliche auf und betreibt sie auf eigene Rechnung.[328] Das Eigentum ist für die Inhaberschaft nur ein Indiz.[329] Auch derjenige, dem der Eigentümer die Anlage aufgrund eines Pacht-, Miet- oder Leasingverhältnisses, einer Nießbrauchsbestellung oder eines ­Betriebsführungs- oder Verwaltervertrages tatsächlich und eigenverantwortlich überlassen hat, wird Inhaber der Anlage.[330] Sind mehrere Inhaber der Anlage vorhanden, so haften sie nach § 840 BGB als Gesamtschuldner.[331]

 

Rz. 91

Die Benutzung fremder Leitungsnetze durch Energieversorger und Energiehändler (vgl. § 3 Nr. 21 EnWG) zur Durchleitung eigener Energie macht diese noch nicht zum Inhaber, weil die Verfügungsgewalt über die Anlage nicht berührt wird. In diesem Fall bleibt der Überlassende als Betreiber der ­Anlage (vgl. § 3 Nr. 3 bis 7, Nr. 10 EnWG) allein befugt und verpflichtet, für die Aufrechterhaltung des ordnungsmäßigen Zustands der Anlage zu sorgen; nur er allein ist auch berechtigt und verpflichtet, in seinem Versorgungsnetz Neuerrichtungen, Wartungen und Instandsetzungen oder Netzschaltungen und physische Neuanschlüsse vorzunehmen.[332]

[327] BT-Drucks 8/108, 12 f.; BGH, Urt. v. 14.7.1988 – III ZR 225/87, VersR 1988, 1041; BGH, Urt. v. 1.2.2007 – III ZR 289/06, NJW-RR 2007, 823.
[328] OLG Naumburg, Urt. vom 17.11.1998 – 9 U 135/98, juris; Kayser, in: Filthaut/Piontek/Kayser, Rn 46.
[329] BGH, Urt. v. 14.7.1988 – III ZR 225/87, VersR 1988, 1041.
[330] Vgl. Kayser, in: Filthaut/Piontek/Kayser, Rn 46; OLG Naumburg, Urt. v. 12.7.1994 – 7 U 112/93, VersR 1994, 1432.
[332] Vgl. Schulze, VersR 2000, 1337, 1339.

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