Rz. 69

Die Haftungsregelung nach dem früheren § la RHG, die nur für Anlagen zur Fortleitung oder Abgabe von Elektrizität oder Gas galt, wurde durch § 2 HaftpflG mit Wirkung vom 1.1.1978 wesentlich erweitert.[249] Erstens gilt diese Gefährdungshaftung der Inhaber von gefährlichen Anlagen nun außer für die bisher davon einbezogenen Elektrizitäts- und Gasanlagen auch für Anlagen zur Leitung und Abgabe von Dämpfen und Flüssigkeiten. Denn das Leitungsnetz, das zur sicheren, kontinuierlichen und wirtschaftlichen Versorgung und zum Transport wichtiger Energieträger unentbehrlich ist, birgt Risiken, die sich aus der Art und Menge des Transportgutes, aber auch daraus ergeben können, dass wegen der häufig großen Ausdehnung des Leitungsnetzes eine Kontrolle auf etwaige Mängel und ein rasches Eingreifen im Schadensfall erschwert sind. Die Haftung kann sich auf die Wirkungen der fortgeleiteten Energien und Stoffe (Wirkungshaftung – § 2 Abs. 1 S. 1) oder auf den Zustand der Leitungsanlage (Zustandshaftung – § 2 Abs. 1 S. 2) oder auf beides nebeneinander gründen. Zweitens ist nicht erforderlich, dass der Schaden durch einen Unfall, das heißt ein plötzlich auftretendes schädigendes Ereignis, verursacht wird.[250] Drittens erfasst die Anlagenhaftung nun auch Anlagen im Bereich der Förderung, Produktion und Verarbeitung. Die Anlagenhaftung erfordert im Unterschied zu § la RHG nicht mehr die Bestimmung der Anlage zur Fortleitung, sondern nur noch zur Leitung.

[249] BT-Drucks 8/108 S. 6 ff.; BGH, Urt. v. 7.7.1983 – III ZR 119/82, VersR 1984, 38.
[250] BGH, Urt. v. 17.3.1983 – III ZR 116/81, VersR 1983, 588; OLG Naumburg, Urt. v. 12.7.1994 – 7 U 112/93, VersR 1994, 1432; Filthaut/Piontek/Kayser, HaftpflG, 10. Aufl. 2020, § 2 Rn 50; im Folgenden nur noch mit Kayser, in: Filthaut/Piontek/­Kayser, Rn zitiert, soweit § 2 gemeint ist.

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