Rz. 308

Ein anderes Motiv für die Aufnahme einer Schriftformklausel in einen Arbeitsvertrag ist oftmals der Wunsch des Klauselverwenders, das Entstehen von Ansprüchen aus betrieblicher Übung zu verhindern. Das BAG ist in der Vergangenheit verschiedentlich davon ausgegangen, dass eine Schriftformklausel durchaus geeignet sein kann, spätere Vertragsänderungen durch betriebliche Übung zu verhindern.[380] Dies soll allerdings nicht für eine bloß einfache Schriftformklausel gelten, da diese schon nach allgemeinen Regeln jederzeit auch ohne Einhaltung der Schriftform abbedungen werden kann.[381] Eine doppelte Schriftformklausel verdeutlicht dagegen, dass die Vertragsparteien auf die Wirksamkeit ihrer Schriftformklausel besonderen Wert legen und soll nach Auffassung des BAG in der Lage sein, das Entstehen von Ansprüchen kraft betrieblicher Übung zu verhindern.[382] Bemerkenswert ist insoweit die Begründung des BAG: Eine betriebliche Übung soll sich trotz § 305b BGB nicht gegenüber der doppelten Schriftformklausel durchsetzen, weil es sich bei der betrieblichen Übung nach dem Verständnis des 9. Senats nicht um eine Individualabrede in diesem Sinne handelt. Der Inhalt der betrieblichen Übung – so das BAG seinerzeit zur Begründung weiter – wird nicht wie für eine Individualvereinbarung typisch ausgehandelt, sondern kollektiv und einseitig durch das Verhalten des Arbeitgebers bestimmt und gestellt.[383] Diese Sichtweise ist schon vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Meinungen zur dogmatischen Begründung der betrieblichen Übung streitig und es wird abzuwarten sein, ob das BAG hier der vom 9. Senat eingeschlagenen Linie treu bleibt.[384] In Anlehnung an die bisherige Rechtsprechung verbleibt allerdings auch in AGB ein Anwendungsfall für die konstitutive, doppelte Schriftformklausel, nämlich zum Zwecke der Verhinderung von Ansprüchen auf Grundlage einer betrieblichen Übung.

 

Rz. 309

Die eingangs dieses Abschnitts vorgeschlagene Klausel versucht den vorstehenden Ausführungen Rechnung zu tragen, indem schon im ersten Satz der Vorrang individueller Vereinbarungen herausgestellt wird und zudem am Ende auch noch einmal klargestellt wird, dass mit ihr Ansprüche aus betrieblicher Übung verhindert werden sollen.[385]

[384] Zweifelnd etwa Preis/Schneider, II, S. 30 Rn 13 ff.
[385] Eine sehr ähnliche Formulierung schlagen auch Leder/Scheuermann, NZA 2008, 1222, 1226 vor.

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