Rz. 2

Materieller Deckungsschutz besteht im Regelfall nur dann, wenn bei Eintritt des Versicherungsfalles die jeweils fällige Prämie gezahlt ist.

 

Rz. 3

Die Pflicht des Versicherungsnehmers, die vereinbarte Prämie zu zahlen (§ 1 S. 2 VVG), ist die vertragliche Hauptverpflichtung des Versicherungsnehmers. Die Pflicht des Versicherungsnehmers, die Prämie zu zahlen, ist eine echte Rechtspflicht, die eingeklagt und schuldhaft verletzt werden kann.

I. Prämienschuldner

 

Rz. 4

Prämienschuldner ist der Versicherungsnehmer; aber auch Bezugsberechtigte und Pfandgläubiger können die Prämien zahlen, um den Fortbestand des Versicherungsvertrages zu sichern. § 34 VVG ändert insoweit §§ 267, 268 BGB ab. Ebenso kommen als Prämienschuldner der Gesamtrechtsnachfolger des Versicherungsnehmers oder der rechtsgeschäftliche Erwerber des versicherten Gegenstandes (§ 95 VVG) als Prämienschuldner in Betracht.

II. Prämienzahlung

 

Rz. 5

Die Prämie ist eine Geldschuld und somit eine Schickschuld (§ 36 VVG). Einzahlungen beim Schalterbeamten, Abbuchung vom Konto oder Übersendung eines Schecks bewirken rechtzeitige Zahlung. Entscheidend für die rechtzeitige Zahlung ist die nachweisliche Einreichung des Überweisungsauftrages, nicht die Gutschrift beim Versicherer.[1]

[1] OLG Düsseldorf DAR 1997, 112 = zfs 1997, 457; Römer/Langheid/Rixecker, § 36 VVG Rn 1; Prölss/Martin/Knappmann, § 33 VVG Rn 16 m.w.N.

III. Lastschriftverfahren

 

Rz. 6

Mit der Vereinbarung des Lastschriftverfahrens übernimmt der Versicherer die Verantwortung für die rechtzeitige Zahlung der Prämie; aus der Schickschuld wird eine Holschuld.[2]

 

Rz. 7

Der Versicherungsnehmer muss lediglich für ausreichende Kontodeckung sorgen. Die ausreichende Kontodeckung muss bei Fälligkeit der Prämie vorhanden sein, dies ist erst nach Zugang des Versicherungsscheines und der Zahlungsaufforderung der Fall.[3]

 

Rz. 8

Beim Einzugsverfahren muss der Versicherer für jede Versicherungssparte die jeweils fällige Einzelprämie in einem besonderen Lastschriftbeleg anfordern.[4]

[2] BGH VersR 1985, 447, 448; OLG Hamm zfs 1993, 306; Römer/Langheid/Rixecker, § 33 VVG Rn 11; Prölss/Martin/Knappmann, § 33 VVG Rn 17 m.w.N.
[3] BGH r+s 1996, 87 = DAR 1996, 80 = VersR 1996, 445.
[4] BGH MDR 1985, 472; OLG Köln r+s 1988, 253.

IV. Prämienforderung

 

Rz. 9

Der Versicherer darf nur die ordnungsgemäß berechnete Prämie anfordern. Die Prämienberechnung ist meist Bestandteil des Versicherungsscheines. Eine Zahlungsaufforderung, in der ein zu hoher Betrag verlangt wird, ist wirkungslos.[5]

 

Rz. 10

Wird eine zu niedrige Prämie verlangt und gezahlt, besteht uneingeschränkt Versicherungsschutz.

 

Rz. 11

Bei Wagniswegfall in der Kaskoversicherung darf nur die Kurzprämie angefordert werden.[6]

 

Rz. 12

Die Prämie muss "auf Heller und Pfennig genau" berechnet werden, sonst liegt keine wirksame Zahlungsaufforderung vor.[7]

[5] Stiefel/Maier, AKB C.1 Rn 20.
[6] BGH VersR 1984, 754; OLG Hamm r+s 1985, 131.
[7] BGH r+s 1992, 398 = VersR 1992, 1501; OLG Oldenburg MDR 1999, 742 = DAR 1999, 171.

V. Erstprämie (C.1 AKB 2015)

 

Rz. 13

Gemäß § 33 VVG ist die Erstprämie 14 Tage nach Zugang des Versicherungsscheins zu zahlen. Der Versicherungsschutz beginnt erst mit der Prämienzahlung (Einlösung des Versicherungsscheins); man spricht daher vom Einlösungsprinzip (§ 37 Abs. 2 VVG).

Die Zahlungspflicht wird in C.1.1 AKB 2015 präzisiert:

Zitat

"Der im Versicherungsschein genannte erste oder einmalige Beitrag wird zwei Wochen nach Zugang des Versicherungsscheins fällig. Sie haben diesen Beitrag dann unverzüglich (d.h. spätestens innerhalb von 14 Tagen) zu zahlen."

 

Rz. 14

Da Versicherungsbedarf bereits vor Einlösung des Versicherungsscheines besteht, wird der Beginn des materiellen Versicherungsschutzes durch die vorläufige Deckungszusage auf den in dieser Deckungszusage vereinbarten Termin vorverlegt. Diese vorläufige Deckungsvereinbarung tritt rückwirkend außer Kraft, wenn der beabsichtigte Versicherungsvertrag rückwirkend in Kraft tritt und der im Hauptvertrag vereinbarte materielle Versicherungsschutz durch fristgerechte Prämienzahlung erreicht wird. Man spricht daher in diesem Zusammenhang von der "Erweiterten Einlösungsklausel".[8]

 

Rz. 15

Wenn die fällige Erstprämie bei Eintritt des Versicherungsfalles schuldhaft nicht gezahlt ist, besteht Leistungsfreiheit des Versicherers (§ 37 Abs. 2 VVG). Diese Leistungsfreiheit tritt jedoch nur dann ein, wenn der Versicherer "den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform oder durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein auf diese Rechtsfolge der Nichtzahlung der Prämie aufmerksam gemacht hat" (§ 37 Abs. 2 S. 2 VVG, C.1.2 AKB 2015).

Die gesonderte Mitteilung muss sich vom übrigen Text drucktechnisch abheben, so dass sie vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann.[9] Aus der Belehrung muss hervorgehen, bis wann welcher Betrag zu zahlen ist. "Rechtzeitige Zahlung" reicht nicht aus.[10]

 

Rz. 16

C.1.2 AKB 2015 bestimmt ausdrücklich, dass bei nicht rechtzeitiger Zahlung von Anfang an kein Versicherungsschutz besteht, es sei denn, es liegt kein Verschulden vor.

[8] Beckmann/Matusche-Beckmann/Johannsen, § 8 Rn 77 m.w.N.
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