Rz. 107

Für die Haftpflichtversicherung bestimmt E.1.2 AKB 2015, dass der Versicherungsnehmer verpflichtet ist, den Versicherer innerhalb von einer Woche zu informieren, wenn Ansprüche geltend gemacht werden und bei gerichtlich geltend gemachten Ansprüchen dies dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen.

 

Rz. 108

In E.1.2.4 AKB 2015 wird die Prozessführungsbefugnis des Haftpflichtversicherers geregelt.

 

Rz. 109

Weiterhin gehört es zu den Obliegenheiten in der Haftpflichtversicherung, gegen einen Mahnbescheid oder einen behördlichen Bescheid fristgerecht den erforderlichen Rechtsbehelf einzulegen, wenn spätestens 2 Tage vor Fristablauf keine Weisungen des Versicherers vorliegen (E.1.2.5 AKB 2015).

 

Rz. 110

Wenn gegen den Versicherungsnehmer Haftpflichtansprüche gerichtlich geltend gemacht werden, hat er dem Versicherer "die Führung des Rechtsstreites zu überlassen" (E.1.2.4 AKB 2015).

 

Rz. 111

Diese Prozessführungsbefugnis beinhaltet auch und vor allem das Recht, den Prozessanwalt für den Versicherungsnehmer und die übrigen Versicherten zu bestellen. Versicherungsnehmer, die einen Rechtsanwalt eigener Wahl beauftragen, begehen eine Obliegenheitsverletzung mit der Rechtsfolge, dass die anfallenden Anwaltskosten von ihnen selbst zu tragen sind.

 

Rz. 112

Auch im Falle des Obsiegens besteht kein Kostenerstattungsanspruch, da es sich nicht um notwendige Prozesskosten handelt;[117] auch der eigene Haftpflichtversicherer ist insoweit nicht zur Erstattung der vom Versicherungsnehmer veranlassten Anwaltskosten verpflichtet.[118]

 

Rz. 113

Ein Versicherungsnehmer darf nur dann einen Anwalt seiner Wahl beauftragen, wenn besondere Gründe vorliegen, die eine Vertretung durch den vom Versicherer gestellten Prozessanwalt als unzumutbar[119] erscheinen lassen. Dies ist beispielsweise dann der Fall,

wenn der vom Versicherer beauftragte Prozessanwalt bereits in einem anderen Verfahren gegen den Versicherungsnehmer tätig war;[120]
wenn zwischen Versicherungsnehmer und Haftpflichtversicherer Meinungsverschiedenheiten über die Deckungspflicht wegen Prämienverzugs auftreten.[121]
 

Rz. 114

Droht im schriftlichen Vorverfahren wegen der Zwei-Wochen-Frist von § 276 Abs. 1 ZPO ein Versäumnisurteil, kann es ausnahmsweise gerechtfertigt sein, "auf eigene Faust einen Rechtsanwalt zu beauftragen".[122]

 

Rz. 115

Wenn dann jedoch der Versicherer einen Prozessanwalt seiner Wahl auch für den Versicherungsnehmer beauftragt, ist nur die Verfahrensgebühr zu erstatten, während es sich bei der Terminsgebühr nicht mehr um notwendige Prozesskosten handelt.[123]

 

Rz. 116

Die Bestellung eines eigenen Rechtsanwalts begründet eine Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers, wenn dieser damit die Prozessführung des Haftpflichtversicherers "durchkreuzt".[124]

 

Daher

Ein Rechtsanwalt, der unter Missachtung der Prozessführungsbefugnis des Haftpflichtversicherers gleichwohl ein Mandat annimmt, hat keinen Gebührenanspruch; er verstößt vielmehr gegen seine Beratungspflicht und macht sich sogar schadenersatzpflichtig.[125]

 

Rz. 117

Wenn der Beklagte Widerklage erhebt, hat der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass für die Widerklage ein anderer Prozessbevollmächtigter beauftragt wird. Dies gilt auch und vor allem dann, wenn dies auf Weisung des Haftpflichtversicherers des Klägers geschieht. Erstattungsfähig sind nur die fiktiven Kosten eines Rechtsanwalts.[126]

[117] BGH NJW-RR 2004, 536 = zfs 2004, 379; OLG Köln zfs 1984, 107; OLG München zfs 1984, 13; OLG Koblenz r+s 1996, 79; LG Essen zfs 1997, 148; LG Mannheim zfs 2003, 466; a.A.: OLG Frankfurt AnwBl 1981, 163 und OLG Schleswig zfs 1984, 233; KG zfs 1998, 110; Stiefel/Maier, E.2 AKB Rn 19.
[118] AG Düsseldorf VersR 1995, 1299.
[119] LG Mannheim zfs 2003, 466.
[121] OLG Koblenz, 14 W 493/93, r+s 1996, 79.
[122] LG Göttingen AnwBl 1987, 284, 285; LG Kleve zfs 1992, 63; van Bühren, AnwBl 1987, 13 m.w.N.
[123] LG Göttingen AnwBl 1987, 285.
[124] LG Dortmund, 2 S 33/08, v. 29.1.2009, zfs 2009, 453.
[125] BGH VersR 1985, 83; OLG Düsseldorf VersR 1985, 92; LG München r+s 1986, 4.

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