Rz. 596

Die Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts erfolgt in zwei Stufen.[649]

Zunächst ist der Elementarunterhalt zu errechnen. Um den Altersvorsorgeunterhalt zu bestimmen, ist der Unterhaltsberechtigte so zu stellen, als würde es sich beim Elementarunterhalt um das Nettoeinkommen des Betreffenden aus Berufstätigkeit handeln (Betrag nach Abzug der gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge ohne Krankenversicherung).

 

Rz. 597

Hierzu ist der Elementarunterhalt (fiktives Nettoeinkommen) auf ein entsprechendes (fiktives) Bruttoeinkommen hochzurechnen.

Dies geschieht unter Zuhilfenahme der so genannten Bremer Tabelle des OLG Bremen. Entsprechend dem Verfahren nach § 14 Abs. 2 SGB IV (Umrechnung sog. Nettovereinbarungen) ist der Elementarunterhalt zum sozialversicherungsrechtlichen Bruttolohn hochzurechnen.[650] Berechnet wird dies derzeit unter Zugrundelegung von Beitragssätzen in Höhe von 18,6 % für die Rentenversicherung[651] und 3 % für die Arbeitslosenversicherung sowie Lohnsteuer Kl. I ohne Kinderfreibeträge mit Solidaritätszuschlag.[652]

Um das fiktive Bruttoeinkommen zu bestimmen, ist dem Elementarunterhalt der aus der Tabelle zu entnehmende Aufschlag hinzuzufügen. Die Summe, multipliziert mit dem geltenden Rentenbeitragssatz, ergibt sodann den Altersvorsorgeunterhalt.

 

Rz. 598

In einer zweiten Stufe ist dann der Elementarunterhalt unter Abzug des Altersvorsorgeunterhalts vom bereinigten Nettoeinkommen neu zu ermitteln.

Schließlich ist abschließend die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten zu überprüfen.

 

Rz. 599

 

Beispiele

 
1. Bereinigtes Nettoeinkommen M 2.800 EUR
a. Unterhaltsbedarf F: (EUR 2.450,00 x 45 %) : 2 = 1.260 EUR
b. 16 %-Zuschlag gem. Bremer Tabelle = 201,60 EUR
  Insgesamt 1.461,60 EUR
  18,6 % (Beitragssatz) + 4 % (Erhöhung) 330,32 EUR
c. Bereinigtes Nettoeinkommen M 2.800 EUR
  abzüglich 330 EUR
  Bemessungsgrundlage Elementarunterhalt 2.470 EUR
  x 90 % : 2 1.111,50 EUR

F hat daher rechnerisch einen Anspruch auf 1.68 EUR Elementarunterhalt sowie 309 EUR Altersvorsorgeunterhalt, insgesamt 1.377 EUR.

Damit ist der Selbstbehalt von 1.400 EUR gewahrt.

2. Das Einkommen des M beträgt bereinigt 2.200 EUR, das der F 700 EUR:[653]

Lösung: F kann den folgenden Gesamtunterhalt von M beanspruchen:

 
Vorläufiger Elementarunterhalt (2.200 EUR ./. 700 EUR) x 45 % 675 EUR
Vorsorgeunterhalt 642,68 EUR + 13 % (nach Bremer Tabelle) 762,75EUR
x 18,6 % (Beitragssatz) + 4 % (Erhöhung) 172,38EUR
Neuer Elementarunterhalt  
(2.200 EUR ./. 172,38 EUR ./. 700 EUR) x 45 % 597,43EUR
Gesamtunterhalt (gerundet)  
572 EUR (Elementarunterhalt) + 172 EUR (Altersvorsorgeunterhalt) = 769 EUR
 

Rz. 600

 

Hinweis

Besteht ein Anspruch auf Trennungsunterhalt und Altersvorsorgeunterhalt für die Zeit bis zur Rechtskraft der Scheidung, ist dieser im Rahmen dieses Unterhaltsverfahrens geltend zu machen und nicht im Verbundverfahren, da es sich nicht um eine Entscheidung für den Fall der Rechtskraft der Scheidung handelt. Der Anspruch endet mit Rechtskraft der Scheidung.[654]

 

Rz. 601

Einer zweistufigen Berechnung bedarf es nicht, wenn bei sehr günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen der Vorsorgebedarf neben dem laufenden Unterhaltsbedarf befriedigt werden kann.[655]

 

Rz. 602

Für die Geltendmachung rückständigen Altersvorsorgeunterhalts genügt es, dass allgemein Auskunft mit dem Ziel der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs verlangt worden ist.

 

Rz. 603

Verwendet der Berechtigte den gezahlten Vorsorgeunterhalt nicht bestimmungsgemäß, kann der Pflichtige Leistung unmittelbar an den Versorgungsträger verlangen.[656] Bei späterer Kenntnis kommt eine Verwirkung nach § 1579 Nr. 4 BGB in Betracht.[657] Liegt der Tatbestand der Verwirkung nicht vor, ist der Pflichtige jedoch so zu stellen, als hätte der Berechtigte die gezahlten Beträge bestimmungsgemäß verwendet.

[649] OLG Celle FamRZ 2000, 1153; Grüneberg/Siede, § 1578 Rn 71.
[650] BGH FamRZ 1981, 442, 444, 445; BGH FamRZ 1985, 471, 472, 473 = NJW 1985, 1347.
[651] Voraussichtlicher Anstieg auf 19,1 % im Jahre 2019, so die Pressemitteilung der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 2.7.2015.
[652] Vgl. auch BGH FamRZ 1983, 888, 889, 890.
[653] Nach Soyka, FK 2006, 1, 3.
[654] BGH FamRZ 1982,1875.
[655] FamRZ 2003, 590; BGH FamRZ 2010, 372.
[656] BGH FamRZ 1987, 684.

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