Rz. 491

Eheliche Lebensverhältnisse werden nicht nur vom Einkommen der Ehegatten, sondern auch von den Kosten für Wohnen bestimmt. So ist nach Nr. 5 der Düsseldorfer Tabelle im notwendigen Eigenbedarf (Selbstbehalt) von 1.080 EUR ein Betrag für Wohnen in Höhe von 380 EUR eingearbeitet, beim angemessenen Eigenbedarf in Höhe von 1.300 EUR der Betrag von 480 EUR, jeweils Warmmiete. Ein eventueller Nutzungsvorteil für mietfreies Wohnen ist daher in die Berechnung einzubeziehen.

 

Rz. 492

Der Mietwert wird grundsätzlich bestimmt durch die Differenz zwischen dem objektiven Mietwert und den tatsächlichen abzugsfähigen Kosten für das Haus bzw. die Wohnung. Beim Unterhaltspflichtigen erhöht die notwendige Zurechnung mietfreien Wohnens die Leistungsfähigkeit, beim Unterhaltsberechtigten mindert das mietfreie Wohnen seine Bedürftigkeit.

 

Rz. 493

Zumindest während des ersten Trennungsjahres ist es jedoch im Interesse des Schutzes und der Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft erforderlich, den Wohnwert der allein genutzten Wohnung nicht nach dem objektiven Mietwert festzusetzen. Der eigentliche Mietwert ist nur eingeschränkt zuzurechnen.

Dies geschieht in der Weise, dass nur der Wert angesetzt wird, der dem örtlichen Mietzins für eine dem ehelichen Standard entsprechende kleinere Wohnung entspricht, wie sie der den Nutzungsvorteil ziehende Ehegatte ansonsten anmieten würde.[518]

Eine während des ersten Trennungsjahres noch bewohnte frühere Ehewohnung, die einem der Ehepartner oder beiden Ehepartnern zu Eigentum gehörte, ist in dieser Zeit weder zu vermieten noch zu veräußern. Anderenfalls würde die Möglichkeit einer Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft erheblich erschwert werden.[519]

 

Rz. 494

Bei der Berechnung ist daher erst nach endgültigem Scheitern der Ehe, frühestens nach Ablauf des ersten Trennungsjahres so zu rechnen, dass derjenige Betrag, um den der Eigentümer billiger als der Mieter lebt, als Einkommen anzusetzen ist.[520]

Grundsätzlich ist ein Wohnwert anzusetzen sowohl bei Allein- als bei Miteigentum der Immobilie, ebenso bei Gütergemeinschaft, Nießbrauch[521] oder einem unentgeltlichen dinglichen oder schuldrechtlichen Wohnrecht. Hier handelt es sich um Nutzung und nicht um die Verwertung des Vermögens.

Es kommt daher auch nicht auf die Herkunft der Mittel zur Schaffung des Wohneigentums an. Ein entsprechender Wohnwert ist deshalb auch anzusetzen bei Erwerb eines dinglichen Wohnrechts z.B. aus einer Schmerzensgeldzahlung.[522]

 

Rz. 495

Bewohnt der Unterhaltsberechtigte allerdings Wohneigentum, das im Eigentum eines mit ihm verwandten Dritten steht, ist davon auszugehen, dass das Zurverfügungstellen nicht geschieht, um den Unterhaltspflichtigen zu entlasten, sondern ausschließlich um zusätzlicher Hilfe gegenüber dem Unterhaltsberechtigten willen.

 

Rz. 496

Die lediglich eingeschränkte Zurechnung eines Wohnwertes der allein genutzten Wohnung endet

mit Ablauf des Trennungsjahres, ohne dass ein Versöhnungsversuch unternommen worden ist, weil dann in der Regel von einer endgültigen Verfestigung der Trennung auszugehen ist;
mit Abschluss einer notariellen Trennungs- bzw. Scheidungsfolgenvereinbarung, die die Immobilie beinhaltet sowie
bei Rechtshängigkeit eines Scheidungsantrages, weil damit einer der Ehegatten zum Ausdruck bringt, dass er die Ehe als endgültig gescheitert ansieht.[523]

Die Kosten der Immobilie sind nur insoweit gegenzurechnen, als sie solche Positionen betreffen, die von einem Mieter nicht verlangt werden können. Alle verbrauchsbedingten Kosten sowie alle nicht verbrauchsbedingten Kosten, die auch ein Mieter zahlen müsste, hat der in der Ehewohnung verbliebene Ehepartner zu tragen, ohne dass er diese Kosten dem Wohnvorteil entgegensetzen kann.

[518] BGH FamRZ 2007, 879, 880 f.
[519] BGH FamRZ 1989, 1160.
[522] BGH FamRZ 1988, 1031, 1033.

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