Rz. 520

Trennungsunterhalt umfasst den vollen Unterhalt, den gesamten Lebensbedarf des bedürftigen Ehegatten also für Wohnen, Verpflegung, Kleidung, Freizeitgestaltung, Erholung, Gesundheitsfürsorge sowie für sonstige persönliche und gesellschaftliche Bedürfnisse.[545] Die dafür erforderlichen Mittel beinhalten den Elementarunterhalt, § 1361 Abs. 1 S. 1 BGB.

[545] Wendl/Dose/Bömelburg, § 4 Rn 66.

aa) Quotenunterhalt

 

Rz. 521

Der Unterhalt wird in der Regel als Quotenunterhalt, als hälftiger Teil des Gesamteinkommens als gemeinsamer Lebensstandardgeschuldet.

Dieser Hälftebetrag stellt den so genannten vollen Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen dar, der grundsätzlich die Obergrenze von Unterhaltsansprüchen bildet.

 

Rz. 522

Die Rechtsprechung billigt jedoch dem Arbeitenden einen sogenannten Erwerbsbonus zu, der nach der früheren Rechtsprechung der einzelnen Oberlandesgerichte unterschiedlich war. Es waren jeweils entweder 1/7 oder 1/10 Anteil am Erwerbseinkommen abzuziehen.

Nachdem der BGH[546] jedoch eine bundesweite Vereinheitlichung der Handhabung des Bonus angemahnt hatte, und zur Bemessung auf die Süddeutschen Leitlinien verwiesen hatte, ist der Bonus nunmehr einheitlich auf 1/10 zu setzen.[547]

Nach Auffassung des BGH soll der Bonus von 1/10 auch für vor dem 1.1.2022 liegende Unterhaltszeiträume gelten.[548]

 

Rz. 523

Bei den Methoden der Unterhaltsberechnung wird danach unterschieden, welche Einkünfte die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt haben. Grundsätzlich unterscheiden sich die Methoden lediglich im Berechnungsweg, nicht jedoch im Ergebnis. Es wird unterschieden zwischen der Quotenmethode, der Differenzmethode sowie der Additionsmethode.

 

Rz. 524

Die Quotenmethode kommt zur Anwendung, wenn lediglich der Schuldner über Erwerbseinkünfte verfügt hat (Alleinverdienerehe). Der Unterhalt errechnet sich mit 45 % des bereinigten Nettoeinkommens, sofern der Berechtigte nach Trennung keine Tätigkeit aufgenommen hat und ihm eine solche auch nicht zumutbar ist.[549]

 

Rz. 525

 

Beispiel

Ehemann anrechenbar 2.800 EUR, Ehefrau 0 EUR; Anspruch Ehefrau: 2.800 EUR x 45 § = 1.260 EUR

Haben beide Ehegatten gearbeitet und haben sich die Verhältnisse nicht geändert (Doppelverdienerehe) errechnet sich der Unterhalt mit 3/7 der Differenz der Einkünfte zwischen den Eheleuten (Differenzmethode).

 

Rz. 526

 

Beispiel

Ehemann 2.800 EUR, Ehefrau 1.400 EUR; Anspruch Ehefrau: 2.800 EUR ./. 1.400 EUR x 45 % = 630 EUR.

 

Rz. 527

In allen anderen Fällen erscheint die Wahl der Additionsmethode sinnvoll. Die Methodenwahl ist jedoch "Geschmacksache". Viele Juristen bevorzugen grundsätzlich die Anwendung der Differenzmethode als "einfachere Rechenart".

 

Rz. 528

Bei der Additionsmethode wird zweistufig vorgegangen, zunächst der Bedarf des Berechtigten nach den ehelichen Lebensverhältnissen festgestellt (Additionsstufe). Sodann wird auf der Anrechnungsstufe die konkrete Unterhaltshöhe bestimmt.

Die Ermittlung des Bedarfs des Berechtigten erfolgt in der Weise, dass zunächst die Erwerbseinkünfte lediglich mit 6/7 (1/7-Bonus), die sonstigen Einkünfte voll berücksichtigt und die Summe durch zwei geteilt wird.

 

Rz. 529

Auf eine mathematische Formel gebracht errechnet sich auf der Additionsstufe der Bedarf des Berechtigten nach den ehelichen Lebensverhältnissen wie folgt:

90 % der prägenden Erwerbseinkünfte des Pflichtigen plus
100 % prägender sonstiger Einkünfte des Pflichtigen plus
90 % der prägenden Erwerbseinkünfte des Berechtigten plus
100 % der prägenden sonstigen Einkünfte des Berechtigten,
geteilt durch 2.
 

Rz. 530

Auf der Anrechnungsstufe wird die konkrete Unterhaltshöhe durch Anrechnung sämtlicher Einkünfte des Berechtigten, gleichgültig ob prägend oder nicht prägend, bestimmt.

 

Rz. 531

 

Beispiel

Ehemann (Unterhaltspflichtiger): prägendes Erwerbseinkommen 2.100 EUR; prägende Zinseinnahmen 350 EUR; nicht prägende Erwerbseinkünfte 700 EUR.
Ehefrau (Unterhaltsberechtigte): prägendes Erwerbseinkommen 700 EUR; prägende Zinseinnahmen 100 EUR; nicht prägendes Erwerbseinkommen 350 EUR.

Additionsstufe (= Errechnung der Ehegattenquote/Bedarf):

 
(2.100 EUR x 90 %) +350 EUR + (700 EUR x 90 %) +100 EUR geteilt durch 2 = 1.485 EUR

Anrechnungsstufe (= Errechnung der Anspruchshöhe/Bedürftigkeit):

 
Ehelicher Bedarf   1.485 EUR
Auf diesen sind alle Einkünfte anzurechnen wie folgt:    
90 % des prägenden Erwerbseinkommens (90 % x 700 EUR) =   630 EUR
90 % des nicht prägenden Erwerbseinkommens (90 % x 350 EUR) =   315 EUR
100 % der sonstigen Einkünfte (Zinsen)   100 EUR
Zwischensumme der Einkünfte   1.045 EUR
Ehelicher Bedarf   1.485 EUR
Ungedeckter Restbedarf (Anspruchshöhe)   440 EUR
[546] Vgl. BGH FamRZ 2021, 1965.
[547] Vgl. Zif. 15.2 der jeweiligen Leitlinien der Oberlandesgerichte.
[548] BGH FamRZ 2022, 434.

bb) Konkrete Bedarfsberechnung

 

Rz. 532

Bei außergewöhnlich guten Einkommensverhältnissen bedarf es jedoch einer konkreten Bemessung des eheangemessenen Unterhalts. Von einer bestimmten Einkommenshöhe an ist die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass die Eheleute das zur Verfügung stehend...

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