Rz. 28

Nachstehend sollen für die Freien Berufe der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte die einschlägigen (vorläufigen) berufsrechtlichen Zulassungsregelungen für eine Kooperation in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft aufgezeigt werden.[43]

[43] Zur Umwandlung anwaltlicher Berufsausübungsgesellschaften nach MoPeG und BRAO-Reform: Nolting, BB 2021, 1795.

a) Steuerberater (§ 49 StBerG)

 

Rz. 29

Seit dem 1.8.2022 müssen sich Steuerberatungsgesellschaften nicht mehr (vgl. § 49 Abs. 2 StBerG alt) zum Zweck der Eintragung ins Handelsregister als OHG bzw. KG auf eine Treuhandtätigkeit berufen.

Gemäß der Neuregelung des § 49 Abs. 2 Nr. 1 StBerG können Berufsausübungsgesellschaften zur gemeinsamen Ausübung der Steuerberatung in Deutschland seither als Rechtsform alle "Gesellschaften nach deutschem Recht einschließlich der Handelsgesellschaften" wählen, womit der Gesetzgeber von der Öffnungsoption des § 107 Abs. 1 S. 2 HGB Gebrauch gemacht hat.[44]

 

Beachte:

Vom 1.8.2022 bis 31.12.2023 ist § 49 Abs. 2 StBerG lex specialis zu § 107 Abs. 1 S. 2 HGB.[45]

[44] RegE, BT-Drucks 19/27670, S. 275 und S. 176 f.
[45] Schäfer/Wertenbruch, § 10 Rn 22.

b) Wirtschaftsprüfer (§ 27 WPO)

 

Rz. 30

Seit dem 1.8.2022 – an dem § 27 Abs. 2 WPO alt (Erfordernis einer Treuhandtätigkeit) entfallen ist – können gemäß der Neuregelung des § 27 WPO europäische Gesellschaften, Gesellschaften nach deutschem Recht oder in einer nach dem Recht eines EU- bzw. EWR- Mitgliedstaates zulässigen Rechtsform nach Maßgabe der §§ 28 ff. WPO als Wirtschaftsprüfungsgesellschaften anerkannt werden, womit für den Bereich der Wirtschaftsprüfung die berufsrechtliche Zulässigkeit der Handelsgesellschaft erklärt wird.[46]

 

Beachte:

Vom 1.8.2022 bis zum 31.12.2023 ist § 27 WPO lex specialis zu § 107 Abs. 1 S. 2 HGB.[47]

[46] RegE, BT-Drucks 19/27670, S. 323.
[47] Schäfer/Wertenbruch, § 10 Rn 22.

c) Rechtsanwälte (§ 59a Abs. 2 Nr. 1 BRAO)

 

Rz. 31

Nach § 59b Abs. 2 Nr. 1 BRAO[48] sind für die gemeinschaftliche anwaltliche Berufsausübung sämtliche "Gesellschaften nach deutschem Recht einschließlich der Handelsgesellschaften" zugelassen.[49]

[48] I.d.F. des Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe vom 7.7.2021 (BGBl I, S. 2363).
[49] Zu den berufsrechtlichen Voraussetzungen einer anwaltlichen OHG, KG bzw. GmbH & Co. KG nach den §§ 59b, 59c und 59i BRAO: Schäfer/Wertenbruch, § 10 Rn 25 ff. Vgl. auch ders., (§ 10 Rn 29 ff.) zur berufsrechtlichen Zulässigkeit einer Einheits-GmbH & Co. KG und ders., (§ 10 Rn 32 ff.) zur berufsrechtlichen Zulässigkeit der OHG, KG sowie der GmbH & Co. KG (einschließlich der Einheits-GmbH & Co. KG) für Steuerberater nach den §§ 49 und 55a StBerG und für Wirtschaftsprüfer nach den §§ 27 und 28 WPO.

d) § 49 Abs. 2 StBerG, § 27 WPO und § 59b Abs. 2 Nr. 1 BRAO als Ausformungsgesetze zu § 107 Abs. 1 S. 2 HGB

 

Rz. 32

Der Gesetzgeber hat § 49 Abs. 2 StBerG, § 27 WPO und § 59b Abs. 2 Nr. 1 BRAO allerdings nicht als autonome Öffnungsregelungen statuiert,[50] sondern als Ausformungsgesetze zu § 107 Abs. 1 S. 2 HGB (mit Anknüpfung an den Wortlaut: "soweit […]").[51] Ansonsten wären – da die Öffnungsregelung des § 107 Abs. 1 S. 2 HGB nach Art. 137 S. 1 MoPeG erst am 1.1.2024 in Kraft tritt – die Rechtsformen OHG und KG (insbesondere auch die GmbH & Co. KG) für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte erst zum 1.1.2024 eröffnet gewesen.[52]

 

Rz. 33

§ 49 Abs. 2 StBerG, § 27 WPO und § 59b Abs. 2 Nr. 1 BRAO sind damit – da nach Art. 36 des Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften vom 7.7.2021[53] die genannten Regelungen zum 1.8.2022 in Kraft getreten sind – jeweils temporäres lex specialis bis zum Inkrafttreten des MoPeG[54] (d.h. vom 1.8.2022 bis zum 1.1.2024): "Soweit das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (…) in Kraft tritt, ist § 59b Abs. 2 BRAO-E Spezialvorschrift zu § 105 Abs. 2 HGB [alt] und geht diesem vor".[55]

[50] Schäfer/Wertenbruch, § 10 Rn 23.
[51] So die Begründung des RegE, BT-Drucks 19/27670, S. 176: Es soll von der Öffnungsmöglichkeit für die anwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften Gebrauch gemacht werden.
[52] Schäfer/Wertenbruch, § 10 Rn 23.
[53] BGBl I, S. 2363.
[54] Schäfer/Wertenbruch, § 10 Rn 24.
[55] RegE, BT-Drucks 19/27670, S. 177.

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