Rz. 69

Beauftragt der Mandant den Rechtsanwalt zunächst nur, ihn außergerichtlich zu vertreten und im Anschluss daran – also nicht sogleich – auch zur Vertretung im Prozess/Verfahren, spielt dies für die spätere Geltendmachung der Gebühren eine Rolle. Wurde zunächst nur ein Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung erteilt, wird demgegenüber die Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 auf eine Verfahrensgebühr eines nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens zu Hälfte, höchstens jedoch mit einem Satz von maximal 0,75 angerechnet, soweit der Gegenstand der außergerichtlichen und der gerichtlichen Tätigkeit identisch sind, Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG. Demgemäß ist im Klageverfahren bei vorangegangener außergerichtlicher Vertretung auch die halbe Geschäftsgebühr einzuklagen. Dabei sind zur Ermittlung auch die volle Auslagenpauschale und die hierauf entfallende Umsatzsteuer heranzuziehen.

 

Rz. 70

Der Klageauftrag darf dann aber noch nicht von Anfang an erteilt worden sein. Denn hat der Mandant seinem Rechtsanwalt einen unbedingten Klageauftrag erteilt, ist die Geltendmachung einer Gebühr ausgeschlossen, weil die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG auch Tätigkeiten erfasst, welche die Klage oder Rechtsverteidigung vorbereiten.

 

Rz. 71

 

Tipp

Der Rechtsanwalt sollte sich daher, wenn der Mandant zunächst eine außergerichtliche Vertretung wünscht, unbedingt eine außergerichtliche Vollmacht unterzeichnen lassen und für den Fall einer etwaigen späteren Klageerhebung eine gesonderte gerichtliche Vollmacht.

 

Rz. 72

Zur Geltendmachung der halben Geschäftsgebühr ist eine vorherige Rechnungslegung nach § 10 RVG gegenüber dem Mandanten erforderlich, um – nach einem entsprechenden Ausgleich der Kostennote durch den Mandanten – Zahlung oder anderenfalls Freistellung aus dieser Rechnung in einem Klageverfahren von der beklagten Partei verlangen zu können.

 

Wichtiger Hinweis

Eine in der Praxis immer wieder anzutreffende Berechnung innerhalb der Klageschrift gegenüber dem Beklagten genügt nicht zur schlüssigen Darlegung eines erstattungsfähigen (Verzugs-)Schadens, denn die Rechtsanwaltsgebühren als erstattungsfähiger Schaden sind erst entstanden, wenn der Mandant einem einforderbaren Zahlungsanspruch seines Rechtsanwalts ausgesetzt ist und er die entsprechenden Anwaltskosten auch bezahlt hat. Dies setzt voraus, dass dem Mandanten eine ordnungsgemäße anwaltliche Vergütungsberechnung gemäß § 10 RVG mitgeteilt worden ist.[38] Ohne diese Berechnung ist der Auftraggeber nicht verpflichtet, Gebühren an seinen Rechtsanwalt zu zahlen.[39] Zwar hängen weder die Entstehung des Vergütungsanspruchs noch seine Fälligkeit von der Berechnung der Vergütung gemäß § 10 RVG ab; diese ist jedoch Voraussetzung dafür, dass der Rechtsanwalt die Vergütung einfordern kann.[40] Eine entsprechend geltend gemachte Forderung müsste mangels Schlüssigkeit des Klageanspruchs abgewiesen werden.

Ein Zahlungsanspruch lässt sich nämlich auch nicht mit der Überlegung rechtfertigen, dass § 10 RVG nur für das Innenverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant rechtliche Bedeutung entfalte. Ein Geschädigter, der Schadenspositionen nach § 249 BGB geltend macht, darf nicht bessergestellt werden, als er ohne schädigendes Ereignis stünde. Denn wäre der Schädiger sofort zur Zahlung verpflichtet, würde dem Geschädigten ein Vermögenswert zufließen, obwohl die Voraussetzungen eines durchsetzbaren Vergütungsanspruchs des eingeschalteten Rechtsanwalts noch gar nicht vorliegen.

Wenn der Mandant die anwaltliche Gebührenrechnung noch nicht bezahlt hat, liegt ein Schaden allenfalls in der Belastung mit einer Verbindlichkeit, so dass dem Kläger im Rechtsstreit nur ein Freistellungsanspruch gemäß § 257 BGB zustehen kann.

 

Formulierungsbeispiel für die klageweise Geltendmachung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten (für einen Gegenstandswert von 5.000,00 EUR):

Zitat

[…]

zudem beantrage ich, den Beklagten zu verurteilen,

anteilige außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten von 258,17 EUR nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.[41]

Begründung:

[...]

Der Kläger beauftragte den Unterzeichner nach Verzugseintritt zunächst mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Forderung. Mit anwaltlichem Schreiben vom […] forderte der Kläger den Beklagten unter Darlegung der Rechtslage zur Zahlung – im Ergebnis allerdings erfolglos – auf. Daraufhin erteilte der Kläger dem Unterzeichner den Klageauftrag. Für die vorgerichtliche Tätigkeit stellte der Unterzeichner dem Kläger mit Rechnung vom […] (Anlage K…) die anteilige Geschäftsgebühr in Rechnung. Der Kläger glich die Kostennote am […] aus.

 

Rz. 73

Sollte Streit über die Höhe der Rechtsverfolgungskosten bestehen oder zu befürchten sein, könnte weiter formuliert werden:

 

Formulierungsbeispiel:

Den anrechenbaren Teil der Rechtsverfolgungskosten rechnete der Kläger zutreffend wie folgt ab:

 
1,3 Geschäftsgebühr aus 5.000,00 EUR, Nr. 2400 VV RVG 393,90 EUR
abzüglich 0,65 Geschäftsgebühr 196,95 EUR
Zwischensumme 196,95 EUR
Ausl...

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